|
24. Apr. 1645.
Nichts nach Heyraht fragen
Ist der Rhue entsagen,
Hold seyn aller Noht,
Ist sich selber hassen,
Wollen seyn verlassen
Vnd lebendig todt.
Welche Raht annehmen,
Werden dem, was Gott gefällt,
Vnd der Ordnung aller Welt
Sich bequemen.
Sie sind zu erweichen,
Sehn nach jhres gleichen
Vnd vorauß auff Gott,
Der wil selbst sie paaren,
Wil sie stets bewahren
Für Gefahr vnd Spott:
Wil sein Werck erhalten
In gewünschter Einigkeit,
Wenn des Glückes trübe Zeit
Sucht zu walten.
Wol, O wol euch allen,
Denen es gefallen
So verliebt zu seyn!
Ihr könnt sicher gehen
Vnd ohn wancken stehen,
Fiel die Welt gleich ein;
Werdet im Gewissen
Aller Angst vnd Furcht befreyt
Vnd nicht leicht von Eitelkeit
Fort gerissen.
Worauff jhr euch gründet,
Was euch fest verbindet,
Ist nicht schnödes Gut
Oder schöne Jugend,
Sondern Zucht vnd Tugend
Vnd standhaffter Muht,
Der nicht fällt zurücke,
Sondern krieget stets den Preiß,
Daß er zu begegnen weiß
Beydem Glücke.
Gnüge sol auff Erden
Euch nach Wunsche werden,
Daß kein Wider-Wind
Euch groß wird beleiden,
Ja jhr solt in Frewden
Schawen Kindes Kind,
Vnd in grawen Haaren
Dieses armen Lebens satt
In des Himmels schöne Stadt
Selig fahren.
Buchempfehlung
Der Erzähler findet das Tagebuch seines Urgroßvaters, der sich als Arzt im böhmischen Hinterland niedergelassen hatte und nach einem gescheiterten Selbstmordversuch begann, dieses Tagebuch zu schreiben. Stifter arbeitete gut zwei Jahrzehnte an dieser Erzählung, die er sein »Lieblingskind« nannte.
156 Seiten, 6.80 Euro