Kurt vom Hohentwiel

[460] Im Abendland


Mich ekelt des Turnierens und zahmer Fehden lang,

Neufremden Buhurdierens gehrt meines Herzens Drang.

Vom Roß hab' ich gestochen den Welschen und Wallon

Und manchen Speer gebrochen mit Briten und Breton;

Ich hab' Franzosenhitze versucht und Dänentrotz,

Des Römers Messerspitze, des Böhmen Eichenklotz: –

Längst kenn' ich ihre Listen, mich ekelt all' der Herrn:

Horch, da tönt guten Christen ein frommer Ruf von fern:

Hei Türken und Seldschuken, wild Volk aus Mohrenland!

Ich spür' ein mächtig Jucken in meiner rechten Hand.

Jetzt heißt's ein neu Lied blasen zu einem neuen Spiel:

Freut euch, ihr krummen Nasen, auf Kurt vom Hohentwiel!

Des lüstet mich vor allen: – wer heuchelt, ist ein Schelm! –

Wie Schwabenstreiche hallen auf Sarazenenhelm.


Im Morgenland


Nun ist gestillt mein Sehnen, die Neugier ist gedämpft:

Ihr wackern Sarazenen, nun weiß ich, wie ihr kämpft.

Ich weiß es jetzt ganz gründlich: – bei Accon, da ging's warm:

Es mahnt mich dessen stündlich mein abgehau'ner Arm.[460]

Zwar traf es nur den linken, der rechte, der blieb heil,

Und hieb, ohn' Augenzwinken, den Türken in zwei Teil':

Doch satt hab' ich das Raufen aus eitel Übermut:

Ich find', ein lang Verschnaufen auch gar nicht übel tut.

Schlägt mich zum ersten Einer, den schlag' ich freilich tot:

Doch sonst kömmt fortan keiner durch Kurt vom Twiel in Not.

Quelle:
Felix Dahn: Gesammelte Werke. Band 5: Gedichte und Balladen, Leipzig 1912, S. 460-461.
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