|
[617] Vale, senex Imperator,
Barbablanca, triumphator,
Reddidisti gloriam
Qui coronae Germanorum
Post viduvium saeculorum
Et creasti patriam!
Lebe wohl nun, Imperator,
Barbablanca, Triumphator,
Der da frischen Lorbeer wand
Um die Krone der Germanen,
Witwe längst des Ruhms der Ahnen,
Und uns schuf ein Vaterland! –
Quoniam diu non sensere,
Ferrugatum putavere
Germanorum gladium:
Ecce quam stupebant, spretum
Cum tu corruscares fretum
Spumans per Alsenicum!
Weil sie's lang nicht mehr gekostet,
Galt das deutsche Schwert verrostet,
In das Spinnwebeck gestellt:
Hei, wie hell es plötzlich blitzte,
Dort, wo Alsens Schaumflut spritzte,
Durch die überraschte Welt!
[617]
Petulanter lacessitus
Iusto clypeo munitus
Heeribannum excitas:
Ecce surgunt quotquot gentes
Oras incolunt stridentes
Alpes usque niveas.
Dann, vom Übermut beleidigt,
Mit dem Schild des Rechts verteidigt,
Riefst den Heerbann du ins Feld:
Sieh, da griff vom Fels zum Meere
Klirrend alles Volk zur Wehre, –
Eine deutsche Waffenwelt.
Et fiebat opus Martis
Quasi pulchrum opus artis,
Quo triumphat Nemesis,
Cum coronam Germanorum
Tu in »oeco speculorum«
Induis Versaliis.
Und es ward die Weltgeschichte
Wie zum Kunstwerk, zum Gedichte,
Wo die Nemesis versöhnt,
Als Versailles vor Ludwigs Throne
Mit des Deutschen Reiches Krone
Sah Luisens Sohn gekrönt.
Ante te occubuerunt
Strenue qui succurrerunt
Tibi, sicut pacti lex:
Principes Obodritarum,
Saxonum et – quam amarum! –
Ludovich, dolorum rex –
[618]
Mancher von den Kampfgenossen,
Die dir, Schild an Schild geschlossen,
Damals folgten ohne Wank,
Sank zu Grab vor dir, dem Greise:
Mecklenburg – Johann der Weise –
König Ludwig – wehekrank!
Sed non satis praedicaris
Tubis bellicis perclaris:
Haec est summa gloria:
Nunquam homines sprevisti,
Quamvis vulnera sensisti
Tela per sicarica.
Aber nicht in Heerhornweisen
Ist dein bestes Lob zu preisen:
Das ist höchstes Ruhmeswort,
Daß mit väterlichem Lieben
Treu du deinem Volk geblieben,
Trotz dem Undank, trotz dem Mord.
Senem, quem coronae tantum
Aurum non ornavit, quantum
Capitis canities, –
Homicida hunc petivit!
Qua vindicta ultum ivit?
Adoptavit pauperes!
Diesen Greis, dem auf dem Throne
Schöner als die goldne Krone
Stand des Weißhaars Silberband,
Traf der Mordschuß! – Und zur Rache
Schloß er sich ins Herz die Sache
Aller Darbenden im Land! –
[619]
Huic heroi, qui Gallorum
Equitum cataphractorum
Fractas turmas perculit,
Pacis orbis custoditae
Et foederibus munitae
Mundus grates obtulit.
Und der Held in jeder Ader,
Der die stolzen Stahlgeschwader
Frankreichs in den Staub gefällt,
Ihn, den nie besiegten Fechter, –
Als des Friedens Hort und Wächter
Pries ihn dankentzückt die Welt.
Macte voti compos factus!
Non pugnare est coactus
Post triumphum Gallicum.
In vagina, non nudatum,
Deponamus laureatum
Gladium Sedanicum.
Heil ihm! denn ihm ward bescheret,
Was so innig er begehret:
Niemals mußt' er kämpfen mehr!
Eingescheidet können legen
Auf den Sarg wir ihm den Degen,
Noch vom Lorbeer Sedans schwer!
Plangunt hodie Ingvaeones,
Istvaeones, Herminones,
Thule electrifera
Mainau et Amisiae fontes,
Plangunt in Gasteina montes,
Saxa rupicaprica.
[620]
Ach nun trauern die Millionen,
Die vom Fels zum Meere wohnen:
Von Alt-Thules Bernsteinstrand
Bis zu dem Gasteiner Berge,
Und es klagt der Mainau Ferge
Und der Schütz der Gemsenwand.
Zugspitz plangit Bavarorum,
Ubi terra Germanorum
Proxima sideribus,
Plangunt barbaris vicini
Arenarum inquilini,
Alluit quas Guttalus.
Wo die höchste deutsche Hütte
An der Zugspitz Felsgeschütte
Einsam, nah den Sternen, ragt,
Wo vom Haff das Fischersegel
Trachtet nach dem breiten Pregel, –
Trauernd steht das Volk und klagt!
Immo plangit infra palmas
Latifolias et almas
Africum tugurium,
Postquam nuntius invitus
Navigaverit contritus
Mare per caeruleum.
Ja, wo jenseit blauer Meere
Eine deutsche Hofeswehre
Träumend unter Palmen liegt,
Wird nach Monden Wehruf klingen,
Wann dahin auf dunkeln Schwingen
Diese Trauerkunde fliegt.
[621]
Atque ambo illi torvi
Velut Wodani te corvi
Comitati: – lacrimas
Fundit Moltke et dolore
Solvitur austerus ore
Bismarck, ingens, adamas!
Und die beiden greisen Knaben,
Welche treu, wie Odhins Raben,
Seinen Siegesgang umschwebt, –
Moltke läßt die Zähre rinnen
Und das Herz, durchzuckt tief innen,
Dem gewaltgen Bismarck bebt. –
Sed per omnes atras nubes
Surget Germanorum pubes,
Moritur, non trepidat:
Quod oportet, – faciamus,
Patriae nos voveamus,
Ut Wilhelmus voverat.
Aber dräut auch unserm Volke
Rings manch dunkle Wetterwolke: –
Schmach dem Mann, dem Kleinmut naht:
Laßt uns wacker unsre Pflicht tun,
Laßt sie schweigend uns und schlicht tun: –
Wie sie Kaiser Wilhelm tat.
Umbra viva tunc durabit,
Supra galeas volabit,
Tutelaris genius:
Nunc quod docuit, probatur:
Friederich nos consolatur,
Tartari non pavidus –
[622]
Dann wird er, ob tot, uns leben,
Über unsern Helmen schweben,
Unser Schutzgeist, niemals fern:
Wollt ihr ehren ihn, so zagt nicht:
Deutsche Treu' und Kraft versagt nicht
Und der Hohenzollern Stern!
Buchempfehlung
Der historische Roman aus der Zeit des Dreißigjährigen Krieges erzählt die Geschichte des protestantischen Pastors Jürg Jenatsch, der sich gegen die Spanier erhebt und nach dem Mord an seiner Frau von Hass und Rache getrieben Oberst des Heeres wird.
188 Seiten, 6.40 Euro
Buchempfehlung
Zwischen 1804 und 1815 ist Heidelberg das intellektuelle Zentrum einer Bewegung, die sich von dort aus in der Welt verbreitet. Individuelles Erleben von Idylle und Harmonie, die Innerlichkeit der Seele sind die zentralen Themen der Hochromantik als Gegenbewegung zur von der Antike inspirierten Klassik und der vernunftgetriebenen Aufklärung. Acht der ganz großen Erzählungen der Hochromantik hat Michael Holzinger für diese Leseausgabe zusammengestellt.
390 Seiten, 19.80 Euro