Vom deutschen Lied

[608] Das wie mit Odhins Wunderwaffen

In raschen Schlägen, schlachtbewährt,

Uns ruhmvoll hat das Reich geschaffen, –

Wir preisen's hoch: das deutsche Schwert,


Und das im Frieden leise webte

Der Treue Band um Süd und Nord,

Mit Einem Geist uns all belebte –

Vergeßt es nicht: das deutsche Wort.


Doch das in langen, bangen Tagen,

Da jede Hoffnung deuchte tot,

Den Ruhm aus unsrer Vorzeit Sagen

Als Trank der Auferweckung bot,


Das nie verstummte, nie verzagte,

Das zürnte, weckte, mahnte, riet,

Dem Fremdherrnzwang zu trotzen wagte: –

Das war das kühne, deutsche Lied.


Und als zum Schutz des Rheins die Scharen

Auszogen, zog es treulich mit

Und – nach dem Kampf – Triumphfanfaren

Anhob es zu der Sieger Schritt.


Und segnend soll, bis Zank und Streiten

Versöhnt aus unsrem Volke schied,

Beschwichtend soll die Schwingen breiten

Ob unserm Reich das deutsche Lied!

Quelle:
Felix Dahn: Gesammelte Werke. Band 5: Gedichte und Balladen, Leipzig 1912, S. 608.
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