Windenblüten

[152] Morgens stehn der Windenblüten

Feine Tüten an dem Rain,

Sind wie Augen voll von Frische

Am grasgrünen Lebenstische.


Abends liegen sie daneben,

Gar nichts kann sie mehr beleben.

Sind wie Zecher, die genossen,

Ihre Becher umgestoßen.

Keiner kann mehr nüchtern stehn,

Wer der Lieb' ins Glas gesehn.


Quelle:
Max Dauthendey: Gesammelte Werke in 6 Bänden, Band 4: Lyrik und kleinere Versdichtungen, München 1925, S. 152.
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