Herbstbacchanal

[39] Die stolze Fülle verstümmelt, gebrochen.

Die reiche Erde verknöchert, bestaubt.

Fäule kommt auf trägem Leib gekrochen

Und reckt voll Gier das graue Moderhaupt.

Doch trotzig sträuben sich die zähen Pulse,[39]

Die Todesangst fliegt auf, taumelt, rafft

Aus dem zermorschten Siechen

Die letzte, ringende Kraft.


Zitternde Bläße schminkt sich

Mit stierem grinsenden Blut,

Mühsames Leben lodert

Leere, erheuchelte Glut.

Flammenjauchzen durchgellt

In grassem Echo die Welt,

Betäubende Feuer schäumen,

Farben tollen, bäumen

Schrille, kreischende Funken,

Lachen rast, wahnsinntrunken.


Doch unter all dem blinden Tosen,

Durch den verzweifelten Sturm,

Pocht an die flackernden Rosen –

Der Totenwurm.

Quelle:
Max Dauthendey: Gesammelte Werke in 6 Bänden, Band 4: Lyrik und kleinere Versdichtungen, München 1925, S. 39-40.
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