Ein Ewiger

[10] Dem Gaste Deutschlands.


Ich lag in einem dunklen Taxushain

und hatte Furcht ...

Im Schatten vor mir saß ein Mann,

der war wie eine große

nebelvolle Höhle,

in der ein riesenhafter Dachs der Urzeit

neue Welten träumte;

nur ab und zu

schob er seine schweren Wühlerhände

durch das Gitter,

und mit grauen,

grausam traurigen Augen

griff er sich ein Menschenhirn zum Fraß.

Und über ihn, im Hintergrund der Höhle,

mit unendlich weichem,

kleinem stolzen Munde,

in einen grünen Sack gewickelt,

lag eine schöne geistesirre Frau gekauert,

die weinte über den traurigen Dachs ...

Da hob der Mann

die starre Gottesstirne zu mir her,

darüber ihm die Haare

seidenfein und blond

in langen wirren Wellen lagen,

als ob er eben aufgehört zu fliegen;

und seine scheuen Frauenlippen zuckten[11]

Ich aber sah hinauf,

wo durch den dunklen Taxuswald

der kalte blaue Himmel straalte,

klar, weit, hoch,

und sah die Sonne um das Höhlengitter blitzen,

und eine Freude wie im Winter

verbrannte meine Furcht zu Funken,

die sprühten einen Namen in das Dunkel,

riesenhaft:

STRINDBERG ...

Quelle:
Richard Dehmel: Aber die Liebe. München 1893, S. 10-12.
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