[70] Gertrud kommt von rechts mit einer brennenden Lampe, welche sie auf den Tisch rechts stellt.
Es wird heller.
GERTRUD spricht mit dem elften Takt. Wo nur Annchen bleibt? Es ist finstre Nacht und der Wind heult kalt über die Haide. Das arme Kind! Wüßte ich nicht, daß sie die Wege kennt,[70] mir wäre bange um sie. Sie geht zum Fenster hinten. Es ist auch kein Sternchen am Himmel. Heftiger Windstoß; ein Fensterflügel fliegt auf, man hört das Klirren der Scheiben.
Sie schließt das Fenster. Hei, hei! Das stürmt ja, als wäre das wilde Heer los. Wäre nur Anna erst da. Sie setzt sich in den Lehnstuhl links vorn und spinnt. Ich sagte es ihr gleich, es wäre heut schon zu spät zur Base zu gehn, der Weg ist zu weit. Sie fängt an, das Lied zu summen. Es hätte ja morgen sein können. Sie summt das Lied weiter, nach und nach fügt sie halblaut Worte hinzu.
Des Nachts wohl auf der Haide,
Da brennt ein Flämmchen blau.
Sie spricht. Wenn sie nur ohne Anfechtung durch den Wald gekommen ist.
Sie singt.
Ein geiziger hartherziger Mann,
Den Schatz zu heben kommt er an.
Des Nachts wohl auf der Haide,
Da brennt ein Flämmchen blau.
Sie spricht.
Wie die Hunde in den Sturm heulen! 's ist schaurig kalt.
Sie schüttelt sich, singt weiter.
Und wie er gräbt, da steigt empor
Ein bleiches Totengeripp!
Sie spricht.
Still! Raschelt es nicht an der Thür? Sie horcht. Sie ist es noch nicht.
Sie singt.
Auf der Haide,
Da brennt ein Flämmchen blau.
Du hörst nicht auf der Armen Not,
Drum würge ich dich jetzt zu Tod!
Des Nachts wohl auf der Haide,
Da brennt ein Flämmchen –
Sie spricht.
Wer kommt da? Sie springt auf, wendet sich zur Thür Mitte rechts.
Konrad tritt dort mit Anna, die halb Ohnmächtige in seinen Armen haltend, ein und führt sie auf den Stuhl am Tisch rechts.
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