Liebeslieder

[4] Und wiederum die alte Leier?

Poeten, stimmt ein Neues an!

Es ist ja doch das beste Feuer

Im Minnesingen schon verthan.


Ach, ihre Helden, ihre Dichter

Gefunden hat die Liebe längst,

Und einem zeitgemäßen Richter

Gefiele, daß du frischer sängst.


Seit jedes süße Wort verwerthet,

Seit jede Wendung fein erlauscht,

Wärs löblich, daß ihr euch bekehrtet,

Poeten, die ihr seid berauscht!


Reimt lieber Ungereimtes wieder,

Wir sind auch des Vollkommnen müd,

Versungen ist das Lied der Lieder,

Das hohe Lied, der Liebe Lied!


Versungen ist das Lied der Lieder,

Das Menschenherzen einst durchbebt!

Und, dennoch, neu und ewig wieder!

So es ein Menschenherz – erlebt.

Quelle:
Ludwig Eichrodt: Leben und Liebe, Frankfurt a.M. 1856, S. 4-5.
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