Lyriker

[160] »Fliege meine Liederschaar!«

Rief schon mancher Dichter,

Und es war wohl auch ein Aar

Unter dem Gelichter –

Nachtigall und Lerche,

Spottvögel und klappernde Störche.


»Laßt sie fliegen himmelan,

Stellet keine Netze,

Machet keinen Lumpenmann,

Der sie mir verhetze!

Traun! es gehn in die Fallen

Gerne die Nachtigallen.«
[160]

»Freilich aber, lieber Schatz,

Mancher wills nur scheinen,

Ist nur ein gemeiner Spatz

Mit geläufgen Beinen.

Willst du ihn schlagen lassen,

Möchtest du lange passen.«


»Und so weiter mancher ein

Vogel aus Kanarien

Mit den liebsten Melodein

Und den feinsten Arien.«

Meist nur ihm selber verständlich,

Aber auch ihm unendlich.


»Stolze Schwäne segeln dort

Auf den stillen Wogen,

Falken aus dem Felsenhort

Kreisen kühne Bogen.

Schauet die bunten Schaaren!

In die Welt laß ich sie fahren!«

Quelle:
Ludwig Eichrodt: Leben und Liebe, Frankfurt a.M. 1856, S. 160-161.
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