[180] Hab ich nicht heut mein Liebchen gesehn,
Mit den hellen schönen Blicken?
Ich kann die Augen nicht mehr verstehn,
Mich in ihr Wesen nicht schicken.
Mir zieht es heute durch die Brust
So kalt wie Hauch des Verdrusses,
Es ist nicht mehr die alte Lust
Des Anschauns und des Genusses.
Ich weiß nicht, welche fremde Macht
Sich zwischen ihr Herz und meines
Geschlichen plötzlich über Nacht,
Wie ein Hohnlied Heinrich Heines.
Es war an sie mein Denken all,
Mein ganzes Sinnen und Fühlen
So rein wie des Vogels süßer Schall
Im Walde dem morgenkühlen.
Es war als wie ein schönes Lied,
Das lauter Liebe geklungen,
Das ein begeistert heiß Gemüth
Bis nah zum Ende gesungen.
Da kommt michs an, als wollten nicht mehr
Die Saiten zusammenklingen,
Als könnt ich das schöne Lied nicht mehr
Zum guten Ende bringen.
[181]
Da wandelt michs an so fremd, als wärs
Vorbei mit unserm Lieben,
Als hätt ich mit Recht den letzten Vers
Gleichgiltig hingeschrieben.