Siebentes Kapitel
Präliminarien zur Heirat unseres Helden mit Miß Lätitia.

[106] Doch fahren wir in unserer Geschichte fort: Als Fireblood diesen Brief nun bekommen und auf seine Ehre versprochen hatte, sich seines Auftrages treulich zu erledigen, ging er fort, um die schöne Lätitia zu besuchen. Die Dame brach den Brief auf, las ihn und sagte mit einer Miene voll Unwillen, sie wüßte nicht, wie Herr Wild ihr mit seiner Zudringlichkeit so beschwerlich fallen könnte. Dann bat sie ihn, den Brief wieder mitzunehmen, und meinte, hätte sie nur gewußt, von wem er wäre, sie hätte ihn auf Seele und Seligkeit nicht öffnen wollen. »Aber auf Sie, mein Herr, bin ich gar nicht böse. Im Gegenteil, es tut mir leid, daß so ein hübscher Herr sich mit solch einem Auftrage befassen kann.« Diese Worte begleitete sie mit einem so zärtlichen Tone und einem so verführerischen anlockenden Blicke, daß Fireblood, der eben nicht blöde war, sie bei der Hand nahm und so rasch zu Werke ging, daß er, um unsere Erzählung mit der Schnelligkeit des ganzen Vorgangs gleichen Schritt halten zu lassen, die schöne Kreatur binnen weniger Minuten notzüchtigte, oder sie vielmehr genotzüchtigt haben würde, wenn sie es nicht für gut befunden hätte, sich ihm ohne Zwang hinzugeben.

Nach dieser Heldentat ging Fireblood wieder zu Wild und sagte ihm alles, was sich nur sagen ließ, äußerte seine Bewunderung über die Schönheit der jungen Dame und vermeinte, wenn es die Ehre erlaubt hätte, würde er sich gewiß in sie verliebt haben; aber der Teufel solle ihn holen, wenn er sich nicht lieber von unbändigen Pferden wolle in Stücke reißen lassen, als seinem Freunde Unrecht tun. Er beteuerte dies in der Tat mit so vielen Schwüren, daß Wild Argwohn geschöpft haben würde, wenn er nicht so innig von der Keuschheit seiner Geliebten überzeugt gewesen wäre; indessen[106] merkte er so viel, daß sein Freund bis über die Ohren verliebt war.

So standen die Sachen zwischen unserem Helden und Miß Lätitia, als sein Vater ihm den Vorschlag des Herrn Snap zu wissen tat. Der Leser muß wirklich sehr wenig von Liebe oder von sonst etwas verstehen, wenn er eine weitläufige Nachricht verlangt, wie dieser Vorschlag aufgenommen wurde. Das Wort »Unschuldig« schallte nie lieblicher ins Ohr eines Beklagten, das Wort »Gnade« nie schöner einem Missetäter, der unter dem Galgen stand, als jedes Wort, das sein Vater sprach, dem Ohre unseres Helden. Er gab ihm gänzliche Vollmacht, diese Sache in seinem Namen abzutun, und drang nur auf die möglichste Beschleunigung.

Nun kamen die alten Leute zusammen, und Herr Snap, dem seine Tochter von Wilds heftiger Leidenschaft Nachricht gegeben hatte, wollte den bestmöglichen Vorteil davon ziehen und suchte sie nicht allein ohne Aussteuer an den Mann zu bringen, sondern ihr auch das noch vorzuenthalten, was ihr von der Freigebigkeit ihrer Anverwandten zugeflossen war, vorzüglich ein übersilbertes Waschbecken, welches sie noch von ihrer Großmutter hatte. Doch in diesem Stücke spielte ihm die junge Dame selbst das Prävenire. Der alte Herr Wild hatte nicht Zeit, auf alle Ränke und Pfiffe seines Konsorten zu merken, weil er selbst nur immer darauf sann, den Herrn Snap übers Ohr zu hauen.

Während dieser Verhandlungen nahm die junge Dame Herrn Wilds Visiten an, und nach und nach begann sie auch alle die kleinen Beweise von Liebe gegen ihn zu äußern, die ihre natürliche Zurückhaltung, noch mehr aber Mode und Schlendrian ihr nur verstatteten. Als die Sache endlich aufs Reine gekommen und der Vermögensbestand der jungen Dame, nämlich zehn Pfund neun Schillinge in barem Gelde und anderen Effekten ausgezahlt war, wurde der Hochzeitstag angesetzt und die Ehe glücklich vollzogen. Die meisten Romane und Komödien enden bei dieser Periode. Dichter und Geschichtschreiber glauben beide, sie haben alles getan, wenn sie ihren Helden sicher und wohlbehalten in den Port der Ehe geholfen haben. Oder wollen sie dadurch vielleicht zu erkennen geben, daß der Überrest seines Lebens eine ruhige glückliche Stille sei, die sich freilich recht gut genießen, aber nur sehr langweilig erzählen läßt? In der Tat muß der Ehestand meinem Bedünken nach so ein Zustand von ruhiger Glückseligkeit sein, worin sich so wenige Veränderungen ereignen, daß er wie die Ebenen von Salisbury immer nur einen, obgleich sehr angenehmen Prospekt darbietet.[107]

Nun hätte man hundert gegen eins wetten sollen, daß diese Ehe sowohl wegen der Vollkommenheit der jungen Frau, die man ihr gar nicht absprechen konnte, als auch Wilds heftiger Leidenschaft wegen eine von den glücklichsten hätte werden sollen; aber entweder hatte das Schicksal unseren Wild zu großen Dingen ausersehen und wollte darum nicht, daß seine Kräfte und Talente in den Armen eines Weibes begraben würden, oder es war Zufall: genug, diese Verbindung endete nicht in den glücklichen Zustand, dessen wir oben gedacht haben, sondern ließ sich eher mit einem unruhigen trüben Gewässer als mit einem friedlichen stillen See vergleichen.

Ich muß hier eine Bemerkung eines meiner Freunde einrücken, der sehr vielen Umgang mit der Wildschen Familie hatte. Dieser sagte mir, der Grund der vielen Mißhelligkeiten, die in der Folge zwischen Wild und seiner Frau entstanden wären, läge darin, daß sie vor der Hochzeit mehreren Liebhabern Gehör gegeben; vielleicht erwartete die Frau, ihr Mann allein solle ihr eben das sein, was ihr vorher so viele waren; und weil sie sich nun in ihrer Hoffnung betrogen fand, tat sie manchen Schritt, der sich nicht durchaus rechtfertigen lassen möchte.

Durch eben diesen Mann kam ich auch hinter die folgende Zwiesprache, die er mit angehört und wörtlich niedergeschrieben hatte. Sie mochten ungefähr vierzehn Tage verheiratet sein, als sie vorfiel.

Quelle:
-, S. 106-108.
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