[6] Großmächtige, Hoch und Wolgevexirte tieff und außgelärte, eitele, orenfeste, orenfeißte, allerbefeistete, ährenhaffte und hafftären, orenhafen, unnd hafenoren oder hasenasinorige insondere liebe Herrn, gönner und freund. E. Keinnad unnd dunst sollen wissen, daß die alte Spartaner, das sprichwort (Ein unflat erleidets dem anderen) warzumachen, kein bessere weiß gewußt haben, ihrer jungen Burgerschafft die Trunckenheit zuerleyden, alß daß sie zu gewissen Festtagen an offenem platz in beisein ihrer Kinder ihre Knecht sich redlich voll unnd doll sauffen liessen, auff daß so sie die also hirntobig und schellhörnig unnd hirnschöllig von Wein rasen, balgen, walgen, schelten, gauckeln, fallen, schallen, burtzeln, schrien, gölern, prellen, wüten, sincken, hincken, speien und unflätig genug sein sehen, sich vor solcher Vihischen unweis forthin zu hüten wüßten: Gleich wie auch zu unserer zeit ein namhaffter Fürst den Lumpenhößlern und Zotten junghern ihr zottengelümp zuerleiden, eins tags einen Hencker, in der neuen Kleidungsweiß, die damals Braunschweigisch hieß, anthun ließ, unnd den auff die Schloßbruck, da alle Hofleut fürzogen, stellen, damit er ihnen durch diß schön schinder muster das gesäß gefreß versauerte, und hat dannoch darmit so vil geschafft, daß die Lumpen an Hosen sind abkommen, und in das gekröß geflogen, und in die vorgewelbte bäuch geschloffen. Deßgleichen pflegen nit auch noch heut etliche Eltern ihre Kinder, sie von Lastern unnd Bubenstücken abzuschrecken, zur warnung mitzunemmen, wann man einen Übelthäter vom leben zum todt zurichten[7] außfüret? alda die schöne Leichpredig, so der Dieb schwanenmäsig zur letzt aüff der leiter ihm selbs zu spat Galgenreulich unnd andern zu frühe Galgentreulich thut, anzuhören. Unnd zwar, welche sich solche beid wüste und schreckliche spectacul nit erschamroten und abmanen lassen, werden nimmermehr durch glimpfflichere und vernünfftigere mittel fruchtbarlich zu recht zubringen seyn.
So nun beides die alte und auch heutige welt, solche beyspilige spigelweiß und spigelweißliches beyspiel, und Comedische art der leut scham unnd zucht, (wo anders noch einige im hindersten spulwinckel bey ihnen verborgen) zuerwecken und auffzumuntern, gebillichet und nutzlich befunden: wie solten wir uns dann derselbigen bereit bewärten weiß nun hierin und zu andermalen anderswo zugebrauchen, und ein verwirretes ungestaltes Muster der heut verwirrten ungestalten Welt, sie von ihrer verwirrten ungestalt und ungestalter verwirrung abzufüren und abzuvexieren, fürzuspiegeln beschamen? Sintemal doch außfündlich, daß es der Welt auff solchen schlag mächtig wol gefallt, und ohn nutz nicht abzugehen pfleget, weil sie augenscheinlich spüren, daß ihnen daselbs, da der Wirt ein Dieb ist, nicht wird zu stelen seyn: (doch dem Authorem unverglichen, sonst müst er auch wie der Schultheiß von Hundsfelden mithetschen.) Solt aber darumb ich oder ein anderer schumpfierboß (wie ich wol weis etliche Wechselhirn schliessen) ein Unflat seyn, weil wir villeicht euch und euers gleichen Unfläter unflätig beschrieben? (gleichwol solchs unserm Handwerck nit schad, dann wir dörffen nit kochen) Solten darumb die Spartaner, weil sie trunckenböltz vorstelleten, trunckenböltz sein? der Fürst, weil er einen Hosenbutz auffstellt ein Hosenlump? die Eltern, weil sie galgenschwengel vorspiegeln, galgenmässig heissen? Non sequit, sagt der Abt: sondern im gegenspil mögen die, denen man solche unnd andere saubere muster vorbildet, wol für sich sehen, solche Unfläter nicht zu werden: weil sie sich on das zimlich darzu arten und geberden. Was kan ein Spiegel dazu, daß er ein lützelhüpschen lützelhüpsch anzeigt? der Kütreck, daß er eim die Naß außtruckt, nach dem er drein fallt? Die Blum, daß eine Spinn gifft auß ihr zeicht? der Paracelsus, daß ihm der Hencker, wie er[8] schreibt, 21 Knecht gehenckt hat? Der Spiegel wird darumb nicht dunckeler, wann schon ein Schmutzkolb drein sieht: die Sonn wirt drumb nicht wüst, wann sie schon Wasser auß Pfitzen ziecht. Der Artzet muß darumb nicht kranck werden, wann er schon mit Krancken umbgeht: Solt ich nit ein geistlichen Text under eine Weltliche weiß singen können? oder ein Weltlichen Dantz auß der Psalmenweiß, Der Thorecht spricht, geigen können? Dichten doch unsere Predicanten Geistliche Lieder von einer Wilden Sau, das geistliche wacker braun Meidlein, den geistlichen Felbinger etc. O mein lieben Gäst, ich sahe den Bettlerdantz auch wol grosse Herren dantzen, unnd den Philipinadantz, dantz auch wol ein Bauer. Ich thu wie die Griechischen Philosophi, die zogen auff alle Kirchweihen, Messen und Märckte, nicht daß sie kaufften, sonder alles, wie es zugieng, begafften, waren Gaffleut für Kaufleut. Ich sorg nit wie jener Cardinal, der nit durch Genff ziehen wolt besorgend der Lufft macht ihn Ketzerisch, wie jener zu Rom, gieng den Griechen zu neid, nit durch die Griechisch straß, förchtend, er ererbe die Griechisch Pestilentz, oder wie jener Signor, der nicht durch Neapolis wolt reissen, auß sorg, es stoß ihn die Neapolitanisch sucht an, das ist, er erb die Rittermäsigen Frantzosen: wie jene Mönch zu Franckfort kein Lutherisch Bücher in ihr Kloster wolten einstellen, vor ängsten sie würden Ketzerisch: Hei, wie herrlich schöne Witztölpel: sie sind auch etlicher widertäuffer art, die, wenn sie durch ein Kirch oder Rahthauß gehen, die schuch, wiewol nit auff Mosis, sonder widersinniger meynung außziehen, damit sie nit die geweihete schuch aber nit die geweiheten Fuß entheiligen, oder vil mehr den geheiligten Boden verunreinen, und den staub wie die Aposteln von Füssen schüttlen müssen. Darumb nam michs offt wunder, warumb die Durchliechthelligsten, die man auff Mistbären tragen muß, und sonst auff Lewen und Otter gehen, damit sie kein Zähe an ein stein stossen, ihnen nit auch die Zähen wie die Finger beschweren, versegnen, weihen, schaben, beschneiden, verchrisamen, verelementen und versacramenten lassen, alß dann möchte sie kein Pantoffel noch Schuch trucken, wie jenen Predigkauzischen tropffen der die Schuch mit Chrisam schmieret. Aber diß soll noch wol auff eim Concilio[9] berahtschlaget werden, wann mich einmal die Schuch nimmer trucken: Nun ha, reim dich Eisenhut an den Fuß oder Fut: das sind eitel Saturnische, turmische Windmüller und Letzköpff: Die Leut sind nicht Schlangenart, daß sie sich so leichtlich mit bösen worten solten beschweren unnd vergifften lassen, dieweil sie je den verstand gutes und böses haben, und nichts böses beschrieben wird, daß nicht von ihnen herkompt, und es selbs böß erkennen. Verwirfft man doch von wegen etlicher unbescheidener Wort nit jedes Buch: Kan doch das Ohrenzart Frauenzimmer wol etliche Zotten inn Bocatii Centonovel, deß Jacob Winters Wintermeyen, der beiden Stattschreiber zu Burckheim und Maursmünster Wickram und Jacob Freyen frey Rollengespräch und Gartenzech: Auch deß M. Linders Katzipory gestech, und deß Straparole Historien vertragen: daß ich jetzt anderer Eulenspiegelischer und Wegkurtzerischer art buchern geschweige. Sie seynd dannoch weit nit, wie deß Pogii purcitiarum opus. Verwirfft man doch in Schulen von wegen leichtfertiger reden nit etliche mutwillige Poeten, alß den Martialem (wiewol ihn Naugerius järlichs auff gewissen tag verbrennt hat, wie Paracelsus den Dioscoridem) Ovidium, Plautum, Juvenalem, Pogium, Bebelium, und schier alle Comedische und Satyrische scribenten, denen bossenzureissen angeboren: Terentius der so gar sauber sein sol, ist im Eunucho nit so gar lauter, so doch seine Comedien die ernhafftesten Römer Lelius und Scipio sollen geschmit haben.
Man hat zu allen zeiten bey allen Nationen solcher art kurtzweiligs Gespötts vorgehabt: die Griechen mit Tragedien, Dithyrambis, Dionisiacis: die Römer mit Fescenninis, Manduconen, Mimis, Pasquillen: Die Teutschen mit Faßnachtspielen, Freihartspredigen, Pritzenschlagen: die in Schulen mit deponieren, und Quotlibeten: welche weis, wie die Quotlibetarii für geben, auch S. Augustin soll gebraucht haben, und gewiß S. Thomas vom Aquavino. Die Athener hatten ein Fest Kythroi, da sie einander musten närrisch gnug verkittern, durchs Gitter, wie der Apoteckernar durch den Fingersträl. So bringen wir nun hie auß allen vorgedachten arten ein gebachenen kuchen, und nach jetziger welt lauff schöne Mythologias Pantagruelicas dz ist Alldurstige Grillengeheimnussen[10] und Märendeitungen (dann diß wer dieses buches warer Titul) Welche in was meinung sie seyen gestellet worden, wil ich nachgehends, wa ich zuvor, was deß Authors person betrifft, angezeigt, vermelden.
So wißt demnach, daß er Frantz Rabelais bey vilen einen bösen ruff hat, alß ob er ein Gottloser Atheos unnd Epicurer seye gewesen: Welchs ich dann in seim werd beruhen lasse, dann heilig ist er nit gewesen: darumb sorg ich deß weniger, daß man ihn dafür anbett. Gleichwol daß man solches unnd ärgers auß seinen schrifften zuschliessen gedencket, dessen entschüldigt er sich auffrichtig und redlich, inn einer Dedicationepistel an den Cardinal von Castillon, deß Admirals Bruder, darin er das vorhaben solcher Bücher, welchs wir, wie erst gedacht, baldfolgends auch setzen wollen, scheinlich anbringet: unnd meint darbey, daß von wegen deß schmutzes die alte Real nicht hinzuwerffen seyen, noch die Kern von wegen der Spreuer: es stehe eim jeden frey drauß zulesen was er wil: wann er schon einen sich hieß hinden lecken soll er ungezwungen seyn: besser ein Fenster auß, alß ein gantz Hauß, sagt der Probst, da man ihn warnet, er würd sich blind sauffen. Ist derwegen er nit allein diser beschönung, sonder auch seiner Physicischen Lehr, wolbelesenheit, Artzeneierfahrung, und fürnemblich seines Diogenischen kurtzweiligen lebens und schreibens halben bey hohen Leuten liebgehalten worden, bey den Königen in Franckreich, allen Gelehrten und Poeten, ja auch bey den geistlichen, wie gehört, ja bey den Hocherleuchten Frauen, der Königin von Navarra, etc. Dann ihr auch diß beyneben wissen solt, daß er ein Doctor der Artzeney gewesen, und deßhalben ihm ein schlecht gewissen gemacht, etwan von natürlichen sachen natürlicher zu reden, auch etwas Gurgellantischer zuweyselen, zukröpffen und sich zubeweinen, dieweil er, alß ein Physicus sein Natur im höchsten gradu trocken befunden, und das Heilpflaster alß ein Artzt auff die gemeine Weinwunden zuhanden gehabt. Daher ihm dann der heut berümtest Frantzösisch Poet Ronsart (in massen auch die Poeten Marot unnd Auratus) ein lustigs ihm gemäses Epitaphi folgendes Inhalts hat gestellet.[11]
Wann auß eim todten, so wirt faul,
Kan etwas anders werden,
Gleich wie ein Roßkäfer von dem Gaul,
Wie Krotten auß der Erden,
Die Maden auß den faulen Käsen:
Und wie die Glehrte halten
Daß der abgang und das verwesen
Könn ander wesen gstalten:
So wird, wa etwas werden soll,
Gwiß auß deß Rabelais Magen
Sein Kutteln und seim Eierstoll
Ein schön Reb fürher ragen:
(Wie man dann auch find solchermossen
Daß auß S. Dominici Grab,
Ein Reb sey nach seim todt fürgsprossen,
Die gut Domvinischen Wein gab)
Dann weil er lebet must er trincken,
Und trincken war sein leben,
Und wann er müd war an der lincken
Must die recht das Glaß heben:
Dann er gern mit der lincken tranck
Weil sie ist nahe dem Hertzen,
Auff daß es deß meh krafft empfang,
Und kützel es zum schertzen.
Solchs wust er alls wol außzurincken
Weil er ein Artzet war,
Daß man den Ring tregt an der lincken
Daß es das Hertz erfahr:
Er tranck Jüdischen Wein allein
Der nicht getauffet was,
Und den Lateinischen Wetzstein,
Den mitteln auß dem Faß.
Ehe daß er einen niderstelt
Hub er ein andern auff,
Hiemit zu zeigen an der Welt
Der Stern und Sonnen lauff:
So bald er hat das Maul gewischt
Netzt ers wider behend,
Zuzeigen wie der Mon erfrischt[12]
Was die Sonn hat verbrent:
Sein Gurgel starck den Wein anzog
Vil besser alle stund
Alß den Regen der Regenbog,
O wie ein guten Schlund.
Die Sonn kont nicht auff sein so frü
So sah sie ihn schon truncken,
Der Mon konnt so spat kommen nie
So sah er ihn schon duncken:
Und wann die Hundstag fulen ein
So sah man ihn dort sitzen
Halb nackent bey dem külen Wein
Und den Wein von sich schwitzen,
Streifft seine Ermel hinter sich
Und streckt sich auff die Matzen,
Auff daß ihm nichts wer hinterlich,
Da fieng er an zu schmatzen,
Wült sich herumb inn Wein und Kost
Zwischen Bechern und Platten,
Gleich wie im Mur und schleim ein Frosch,
Lehrt seine Zung da watten.
Wann er dann also gar war truncken
So sang er Bachus lob,
Lobt ihn von seinem grossen Schuncken
Und seiner Rebengob:
Träuet alßdann Sanct Urban auch
Wann er nicht schafft gut Wein
Werd man ihn nach dem alten brauch
Werffen in Bach hinein:
Sang auch von deß Grandgusiers Kuchen
Und deß Gargantoa Thier,
Wie es zerschmiß gantz Wäld voll Buchen
Im grossen Schwantzthurnier:
Auch wie Bruder Jan Onkapaunt
Mit der Kreutzstangen focht,
Und Wurstdurstpanthel Fürtz kartaunt,
Und was Panurgus kocht.
Aber der Tod der gar nicht trinckt
Zucket den Trincker hin,[13]
Wiewol er rufft: dem Tod eins bringt,
Heißt ein weil sitzen ihn:
Aber er wolt nicht sitzen nider,
Wolt auch keins warten auß,
Er gieng dan vor mit ihm hernider
Inn sein Liechtfinster Hauß:
Daselbst bringt er ihm Wassers gnug
Auß dem Fluß Acherunt
Und heißt ihn sitzen bey dem Krug
Und schwencken wol den Mund:
Jedoch so war ist, was wir lesen,
Das Wein vor Fäule bhüt,
So wird deß Rabeles Nam und Wesen
Nimmer verfaulen nit
Dann er je wol beweinet war,
Sein Leib und Därm durchweint,
Wein war sein Weih und Balsam gar:
Der Balsam hie noch scheint.
Und nimpt mich wunder, daß ihr nicht
Dürmelt weil ihr hie steht,
Daß euch der Wein ins Haupt nicht rücht
Dann diß Grab weinlet stät:
Gleichwol weil ihr hie bleibet stehn
So steht hie nicht so schlecht,
Sonder ehe ihr von dannen gehn
So thut ihm auch sein Recht,
Und opffert ihm ein Glaß mit wein
Und gsaltzen Ränfftlin Brot,
Das wird ihm liber alß beten seyn,
Dann beten gehöret Gott.
So vil sey genug von deß Authors person: Was aber demnach sein fürnemmen unnd bedencken solche Grillenbůcher zustellen belanget: ist es, wie ers selbs meldet, dises: Dieweil er ein Artzet war, und wust was Hippocras im sechsten Buch Epidemie lehret, Daß ein rechtgeschaffener Medicus in allem seim leben, thun und wandel dahin sinnen und schalten sol, die leut auff alle mögliche weg, es sey mit Artzneystücken, worten oder geberden bey gesundheit frisch zuerhalten, oder[14] von kranckheit zuerledigen: und aber wißlich ist, dz nit alle kranckheit am oder im leib sich erregen, sonder mehrmals im gemüt durch melancholi oder traurigkeit sich begeben, welche hertzkränckung folgends am Leib pfleget außzubrechen und es zu schwächen: wie dann solches der wolerfarn Artzt Erasistrat Aristotels tochter Son an königs Antiochi puls, so sich vor grosser Lieb gegen seiner Stieffmutter kräncket, erkannt, und ihm desselbigen leibschmertzens abhalff: Derwegen wil er, dz ein Artzt nit allein mit kreutern, salben träncken, und confecten gerüst sein sol, angesehen erstlich, weil solches der Medicorum Köchen nemlich den Apoteckern zubefehlen, unnd nachgehends weil diese stück zu zeiten nit helffen, demnach das Leid nicht eusserlich leiblich, sondern, welchs gefärlicher, innerlich hertzlich ist: sonder auch wolgeberdig, holdselig, freindlich gesprächig, kurtzweilig, bossenreissig, der eim schwachen etwan, wans not thut, ein Mut einschwetzen, und eingauckelen kan, ihn lachen machen, wenn er schon gern weint, ihn überreden er seye gesund, dieweil man doch einen überredt er sey kranck, er sey rotprecht, wann er todt färbig sicht: Oder über zwerch felds mit eim schalen Bossen daher kommen, der, wie man sagt, einen todten möchte lachend machen, ihm ehe einen Esel fürfüren der Disteln frißt: Dann vom Prediger und Sacrament soll er ihm nicht vil sagen, das mögen andere Leut thun, die gern da bald erben, soll sich ehe selbs zum Esel machen, der Disteln frißt, auff dz es der Kranck auch esse: sol seim Nächsten Krancken und Krancken Nächsten alles zu lieb werden, wie die Hoffleut ihren Herren, und die Buler ihren Närrin.
Sol keinen trösten wie Callianax seinen Krancken: dann alß ihn der Kranck fraget, ob er sterben würde? antwortet er ihm: Es sey doch wol deß Keyser Koch gestorben.
Dieser grobe Sauzius hat Platonem nit gelehrt, welcher, wiewol er die lügen alß schändlich jederman verbiet, doch dieselbige dem Artzet trosthalben gestattet. Ja unsere geschriebene Gesatz heissen einen Medicum wol nit liegen (dann er kans ungeheissen) aber geschwetzig seyn (Abcursius in l. parabolanos C. de Epis. & cler.) weil sie Hebammen geschlecht seynd: aber notfolglicher weiß, lassen sie es doch zu:[15] dann wer vil schwetzet der lügt vil. Iuxta illud in multiloquio etc.
Darumb mag ihm wol zu zeiten ein Medicus ein reuschlin trincken, nit alleine den bösen lufft und geruch minder einzulassen, sonder auch bossierlicher zuseyn: der wird ein Krancken mutiger und getröster machen, alß ein langweiliger Langschaubiger Stirnruntzelter Fantast.
Dann wißt ihr nit von jenem Philosopho, der sich ab eins Affen Bossen gesund lacht, alß er sahe ihne sein Doctor Häublin und Überparetlin vom Nagel ziehen, und es so ordenlich wie der best Dorff Calmäuser auffsetzen? und gewiß es sicht lächerlich, ich habs versucht.
Ja ich kenn noch einen, dem sein Melancholisch Kranckheit vergieng, da man ihm nur das Bachkanten Verßlin recitiert.
In veteri cacabo medico faciente cacabo.
Unnd der groß Spottvogel Erasmus, hat über den Episteln obscurorum virorum also gelacht, daß er ein sorgfältig geschwär, welchs man ihm sonst mit gefahr auffschlagen müssen, hat auffgelacht: unnd wie mancher kan durch wagendes schüttelens lachen einen ungeraden, Magenrumpeligen, Därmspenstigen und Bauchhängstigen Furtz vertreiben.
Es könnens wol Jungfrauen am besten, wann sie das Kittern in sich beissen und vertrucken, und alleweil das Naßtüchlein fürs Maul heben, daß der geruch nit inns Hirn steig.
Wie vil hat auch die Music gesund gemacht? Was ist aber die Music alß ein klingend freud? Wie vil anmutiger aber ist ein angenemme freudige Red eins Menschen?
Galenus schreibt, der höchst Artzt Aesculapius habe lächerliche Liedlein gedicht, darmit in den Krancken Lung und Leber zuüben, unnd ein hitz in kalte Leut zubringen. Ohoh in kein Holtzbürstenhertz.
Ja sie schreiben, das Gesang heile die Schlangenbiß: Wie vil mehr dann den Narrenstich. Ja der Jurist Tiraquellus von Wasserschöpffingen hat, wie er schreibt, das Viertägig Fieber mit singen vertrieben: unnd ich mit trincken.
Ja Asclepias hat mit der Trommeten einen Tauben hörend gemacht: Ja ich glaub noch mehr, er hab inn eim engen gemach darmit ein hörenden daub gemacht.[16]
Und sicht man nit wie es die Meydlein so wol kitzelt wann die junge Schneider mit anmessen umb die Brust zugreiffig und schweiffig sind: deßgleichen wann ihnen die Schuchmacher die enge Stieffeln anmessen, daß manche vor grossem Kitzel, wann sie das Bein zu hoch auffhebt, ein Schweißlein hinten auß lasset, wie die Magd deren man den Dorn außzog: Wie solt es dann nicht auch kurtzweilig seyn, wann ein Medicus mit Pulsgreiffen zutastig und kitzelich wer: unnd warumb weren sonst die Näderin so anmütig, wann sie nit mit Hembd unnd Bruchanmessen so subtilig unnd kurtzweilig weren, und langweilig anzusehen wie ein alte Badreiberin.
Derwegen Rabelais inn solchem wendunmütigem Stück seim obersten Lehrmeister Hippocras genug zuthun, und darinnen, so vil alß an ihm wer, die Krancke trostlose und schwermütige, alß ein Artzet nicht zuverwarlosen, hat er ihnen zimliche lustige Materi, sie zuerlüstigen unnd vor schweren gedancken zuverwaren, hierin zusammen getragen, unnd also nichts ausserhalb seim Ampt, Beruff und Facultet gethan, sondern guthertzig geschertzt, wers guthertzig verschmertzt.
Hierauff mögen ihrs neben euern geschefften zu verlornen miessigen Erquickstunden, Spacierzeiten, Spielen, Festen, Reisen, under zechen, Schlafftrüncken, unnd zu Tisch gebrauchen, betrachten und belachen, und zu weilen die Frümettliche Augbroen, oder dz Vespasianisch Cacantis faciem ablegen: und an das alt Sprichwort gedencken, Caput melancholicum, est balneum Diabolicum, ein Melancholischer Kopff, ist deß Teuffels Hafen und Topff, darein er tropff und darinnen er koch sein Hopff.
Sonst so viel den Dollmetschen belangt, hab ichs (eben gründlich die Ursach zuentdecken) darumb zu vertiern fürgenommen weil ich gesehen, wie bereit etliche solche arbeit unterstanden, doch ohn Minerve erlaubnus und mit darzu ungemachenem und ungebachenem Ingenio unnd genio, zimlich schläfferig, ohn einig gratiam, wie man den Donat exponiert, unbegreifflich wider deß Authors meinung, undeitlich und unteutschlich getractiert.
Derwegen da man ihn je wolt Teutsch haben, hab ich ihn[17] eben so mehr inn Teutsch wellen verkleiden, alß daß ich einen ungeschickteren Schneider müst druber leiden: Doch bin ich an die Wort und Ordnung ungebunden gewesen: unnd mich benügt, wann ich den verstand erfolget: auch hab ich ihn etwan, wann er auß der Küheweyd gangen, castriert, und billich vertiert, das ist, umbgewand.
Das übrig, was noch weiters zusagen, und welchem er diß Buch zugeschrieben, werdet ihr im folgenden Bereitschlag deß Authors vernemmen. Hiemit euch jederzeit zu ergetzligkeit geneigt: Geben auff den Runtzel Sontag, inn Voller Fantast Nacht wenn man die runtzeln mit Erbsen abreibt.
Subscripsit.
Ihrer Fürstlichen Gnaden
Mutwilliger.
Huldrich Elle
Poscleros.
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Biedermeier - das klingt in heutigen Ohren nach langweiligem Spießertum, nach geschmacklosen rosa Teetässchen in Wohnzimmern, die aussehen wie Puppenstuben und in denen es irgendwie nach »Omma« riecht. Zu Recht. Aber nicht nur. Biedermeier ist auch die Zeit einer zarten Literatur der Flucht ins Idyll, des Rückzuges ins private Glück und der Tugenden. Die Menschen im Europa nach Napoleon hatten die Nase voll von großen neuen Ideen, das aufstrebende Bürgertum forderte und entwickelte eine eigene Kunst und Kultur für sich, die unabhängig von feudaler Großmannssucht bestehen sollte. Michael Holzinger hat für den zweiten Band sieben weitere Meistererzählungen ausgewählt.
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