[9] »Wo bleibst du denn Marie?« – rief eine Stimme hinter der Laube – »Marie!« – wiederholte ich – und streckte meine Arme sehnsuchtsvoll nach der Laube aus. Aber wie? sah, hörte mich auch jemand? – der Gedanke trieb mir alles Blut in die Wangen, ich hatte nicht den Muth der Stimme zu folgen, und schlich träumend zu meiner Linde zurück.
Die dicke Wirthin hatte mich schon erwartet und kreischte mir nun zärtliche Vorwürfe wegen meines schnellen Reitens entgegen. Aber ob ich mich gleich dem Streicheln ihrer unsaubern Hände Preis gab; so konnte ich doch keine befriedigende[9] Nachricht wegen der Frauenzimmer von ihr erhalten. Im Gegentheil klagte sie sehr bitter über ihr geheimnißvolles Wesen, und meinte: es müsse – da sie eine Wohnung auf dem Lande suchten – mit ihrem Stande wohl nicht viel zu bedeuten haben. –
»Auf dem Lande!« – wiederholte ich, und plötzlich keimte in meinem Herzen die Hoffnung auf. Entzückt überließ ich mich diesem Gedanken, und hörte nicht mehr auf das Geschwätz der Wirthin. Sie begriff endlich, daß sie keine Antwort mehr von mir erwarten konnte, und ließ mich nun mit meinen Plänen allein.
Mit welchen Plänen! es galt nichts Geringeres als Marien die Wohnung meiner Tante anzubieten. Aber wie? – durch wen? – nun durch wen anders als durch mich selbst? – war ich nicht schön und liebenswürdig? sagte mir meine Tante das[10] nicht täglich? – hatten es mir die Blicke der Mädchen nicht oft genug wiederholt? und mußte ich nicht auf Marien selbst einen vortheilhaften Eindruck gemacht haben? –
Es war beschlossen: ich wollte sie aufsuchen, und – im Fall ich sie nicht fände – sie zu sprechen verlangen.[11]