Sechstes Kapitel.

[73] Der Graf hatte indessen in Riekchens Armen zwei süße Stunden zugebracht, als man auf einmal heftig an die Thüre klopfte. Beide lagen in jener süßen Ermattung, die dem Vergnügen zu folgen pflegt, und man kann denken, wie sie erschracken.

Wer ist da? rief Riekchen zitternd.

Ich! antwortete eine barsche Stimme.

Wer ich?

Dein Mann! (mit einem kräftigen Fluche) Kennst du mich nicht?

Riekchen war mehr todt als lebendig; dennoch wußte sie Rath zu schaffen. Der Graf[73] mußte unter das Bette kriechen, und sie machte endlich die Thüre auf.

Der Mann hatte ein Licht in der Hand, und setzte es auf den Tisch. – Du hast ja einen Schlaf wie ein Ochse! sagte er mürrisch, und fieng an, sich auszuziehen. Indessen sahe er den Mantel des Grafen liegen. – Was Teufel! Frau, was ist das für ein Mantel?

Was? rief sie ohne verlegen zu sein: der tausend! Wenn mir das jemand anders gethan hätte! – Daß dich! – Ich vergesse auch alles!

Der Mann nahm sie bei dem Ohre. – Heda! Was ist das für ein Mantel? sage Ich:

Warte nur, ich will dir alles sagen, indem sie die Thüre öffnete, als ob sie sich vor den Horchern fürchtete. – Besinnst du dich noch auf den Herrn von Berlin?

Er: Was für ein Herr?

Sie: Der lange, der vor ungefähr acht Tagen hier durchkam – Mit dem Schweißfuchse – Er hatte so einen langen Schwanz – Weiht du's denn nicht mehr?

Er: Ich kann mich nicht besinnen.

Sie: Mein Gott! In dem blauen Ueberrocke, und mit der Habichtsnase?

Er: – Das wüßte ich nicht.

Sie: Ueber den – Weißt du denn nicht[74] mehr? – Er hatte so einen großen Pudel bei sich.

Er: Ach der! Ja ja, jetzt fällt mir's ein; er wollte Wein haben.

Sie: Freilich! Und du hattest noch keinen fertig.

Er: Nun?

Sie: Der kam heute Mittag wieder durch, und da hat er den Mantel da gelassen.

Er: Nun, von mir mag er ihn nicht wieder fordern; warum giebt er nicht auf seine Sachen Achtung! Laß doch einmal sehen, was dran ist. – Sackerlot, was für ein prächtiges Tuch! Der ist seine zwanzig Thaler unter Brüdern werth!

Der Graf fand die List vortrefflich, aber seine Lage wurde dadurch nicht besser. Im bloßen Hemde auf den Ziegelsteinen zu liegen, war nun freilich ein wenig hart. Mit Vergnügen hätte er noch einen Mantel dazu gegeben, um nur fort zu kommen.

Quelle:
Christian Althing: Dosenstücke, Rom; Paris; London [o.J.], S. 73-75.
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