Antwort

[5] Für diesmal muß ich ihre Nachsicht in Anspruch nehmen, liebste Elise. Briefe einer ältern Bekannten geben mir heute und morgen zu thun, wodurch ich verhindert werde, Ihren Vorschlag anzunehmen.

Mir ist das Letztere doppelt leid, da Sie Freude davon erwarteten, und ich in Ihrer Gesellschaft immer die frohesten Stunden verlebe. Denn,[5] erlaube ich mir auch manchmal den leichten Muth, zu tadeln, der Sie, liebe, angenehme Elise, so schnell über das Hemmende im Leben wegsehen läßt, so ist es doch gerade der helle Blick, das Bequeme und Behende in Ihrem Umgange, was diesen so anziehend macht. Man kann bei Ihnen niemals an Störung oder Gefahr denken, weil Sie nicht daran glauben. Deshalb fiel mir es auch nicht eher ein, Ihre letzte Nachhausefahrt für ein Wagniß zu halten, bis Sie mich selbst daran erinnern, und ich gezwungen werde, dem verständigen Eduard Recht zu geben, und mich zu schelten, ihm diese Unruhe nicht erspart zu haben. Wie leicht wäre unser gegenseitiges Interesse vermittelt worden, hätte ich Sie, wie es Ihr Plan war, um einige Stunden früher zurückbegleitet, und die Nacht in Ihrem schönen Landhause zugebracht!

Meine beschränkte Stiftswohnung bot Ihnen nicht dieselbe Bequemlichkeit, auch durfte ich Sie nicht bei mir zurückhalten wollen.

Nun, künftig werden wir beide verständiger, und Eduard nachsichtsvoller sein.

Wissen Sie, daß ich eitel genug bin, mir einzubilden, Sie werden nun, da ich nicht daran Theil nehmen kann, die ganze Partie nach dem[6] Tannenhause für heute aufgegeben haben? Diese Voraussetzung klingt indeß schlimmer, als sie ist. Ich hänge mich nur deshalb an das Gewicht, das den Ausschlag geben soll, weil ich mit allen denen zusammen hänge, welche Sie allenfalls zu Ihrer Gesellschaft gewählt hätten, obgleich es mir unmöglich war, sie in Zeiten von den Projecten in Kenntniß zu setzen.

Da nun der Hauptzweck, die gesellige Belebung des hübschen Lustortes, wegfällt, so entschließen Sie sich vielleicht, Eduard nach der Stadt zu begleiten.

Die wenigen Stunden auf der Chaussee, leicht hingerollt, geben Ihnen weniger Beschwerde als dem armen Freunde Erleichterung, indem Sie ihm die kranke Laune tragen helfen. Denn glauben Sie zuverläßig, ist der Mißmuth schon für die Umgebungen ein Druck, so ist er eine noch weit schwerere Last für den, welcher daran trägt, sich dessen bewußt ist, und doch dem Beengenden nirgend Raum zu schaffen weiß. In einem Gespräche zu Zweien läßt man sich leichter einen Theil der herben Ergüsse gefallen. Die Freude, einem guten Menschen wohlzuthun, geht mildernd darüber hin. Man stimmt ihn unwillkührlich nach dem Tone, den man in sich bewahrt, das anfänglich Einanderwidersprechende[7] eint sich befriedigend für beide Theile. Vielleicht hatten Sie denselben Gedanken! In dem Falle erzählen Sie mir nächstens, was Sie während des kurzen städtischen Aufenthalts, den Sie immer vortrefflich zu benutzen pflegen, Interessantes sahen und hörten.

Leben Sie recht wohl, beste Elise, und vergeben Sie Ihrer Freundin, wenn Sie Ihnen diesmal weniger gefällig, als sie es wünscht, erscheint.

Quelle:
Caroline de la Motte Fouqué: Resignation. Theil 1–2, Teil 1, Frankfurt a.M. 1829, S. 5-8.
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