Antwort

[24] Ziehen Sie keine voreilige Schlüsse, liebste Elise. Denken Sie auch nicht, ich wähle verborgene Wege, um Ihnen zu entgehen.

Bei Ihrer Billigkeit, Ihrer freien, natürlichen Weise, braucht es nichts, als das offene Geständniß, daß ich etwas zu verschweigen habe, was mir von Freunden anvertraut ward, die meine Theilnahme wie meinen Beistand in Anspruch nehmen.

Sie sind gewiß weit entfernt, nach fremdem Eigenthum Verlangen zu tragen; aus demselben[24] Grunde würden Sie auch die Erste sein, eine Mittheilung zu wünschen, die ich Ihnen nur auf Kosten Anderer machen könnte.

Lassen Sie sich nicht darnach verlangen, meine Liebe! Es ist eine verjährte, abgestorbene Geschichte, in die, wie ich fürchte, niemals sonderlich viel gesundes Leben hineinzubringen sein wird.

Das Schlimmste ist, ich sehe mich genöthigt, eine beschwerliche Reise zu machen, zu der ich in keiner Art vorbereitet bin, und die mir jetzt doppelt unwillkommen ist, weil ich Sie, liebste Elise, in trüber Bedrängniß zurück lasse.

Leider hege ich keine Hoffnung zur Wiederherstellung der guten Kranken. Der Arzt hat sich andern Orts weniger zurückhaltend gezeigt. Sein Ausspruch ist eben nicht tröstlich. Es herrschen bösartige Fieber in der Gegend, und er fürchtet, hier ein Opfer daran fallen zu sehen.

Sein Sie um alles in der Welt auf Ihrer Huth, liebe Elise! Solche Krankheiten theilen sich den Umstehenden mit. Sie sind so erregbar, so selbstvergessend, und bereit, fremde Lasten auf sich zu nehmen. Sie werden als Pflegerin weit mehr thun, wie Sie sollten, und die Gefahr wird sich gegen Sie kehren. Bedenken Sie Eduard und den Engel Georg. Tausendmal umarme ich[25] das liebe Kind. O vergessen Sie es nicht, daß Sie seine Mutter sind, und sein kleines Leben genau mit dem Ihrigen zusammenhängt.

Ich bitte Gott, Sie beide in seinen Schutz zu nehmen. Mein Herz ist schwer, Elise! Ich reise recht ungern von hier fort. Sein Sie vorsichtig, liebe, liebe, schöne Seele! Weiß der Himmel, ich fürchte immer so viel für Sie.

Ist es, weil ich Ihnen zu sehr ergeben bin? oder stehen Sie wirklich zu sorglos, zu unbewaffnet in der Welt.

Aber Sie können nicht anders! Das ist eben meine Angst.

Nun, Ihr guter Engel verlasse Sie nicht.

Quelle:
Caroline de la Motte Fouqué: Resignation. Theil 1–2, Teil 1, Frankfurt a.M. 1829, S. 24-26.
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