Antwort

[154] Du bist unausstehlich mit Deinen ewigen Prätentionen. Niemals hast Du was, und doch willst Du immer und ewig mehr als andere Leute vorstellen. Den Hut hast Du Dir ja muthwillig, durch das unaufhörliche Aufprobiren verdorben. Standest Du denn nicht den ganzen Morgen vor dem Spiegel, und schobst und rücktest daran, und drehtest den Kopf hin und her, unter lauter Trillern und Singen, daß mir noch die Ohren davon wehe thun. Die Nettencourt sollte ihn heimlich wieder zurechtmachen. Du hast Dich wohl gehütet, Mama zu bekennen,[154] was eigentlich damit vorgegangen war; und nun muß die arme Person die Schuld auf sich nehmen. So machst Du es immer.

Wenn Du ein gutes Herz hättest, so würdest Du wohl daran denken, was es mich kosten muß, hier so allein zu sitzen, während Du Dich göttlich unterhältst. Du würdest Mitleid mit mir haben, und nicht noch eine Gefälligkeit obendrein von mir fordern. Es ist wahrhaftig kein geringes Opfer, was ich bringe, wenn ich Deinen Wunsch erfülle. Ich thue es aber recht ungern, das versichere ich Dich, denn daß ich den Hut niemals wieder werde aufsetzen können, davon bin ich überzeugt. Du verdirbst ja gleich alles, was Du anfaßt. Und wiederkaufen kannst Du mir auch keinen andern. Mein Gott, Rosalie! Dein Taschengeld reicht ja niemals aus.

Was Du von dem Tode der Tante sagst, ist recht sündlich. Ueber dergleichen muß man niemals leichtsinnig reden. Und wer weiß denn auch, ob sie so reich ist?

Ein rechter Querstrich wäre es doch bei allem dem, wenn mir auch noch die Wintervergnügungen verdorben würden! Wäre dies der Fall, ich würde noch mehr weinen, als ich es jetzt schon thue![155]

Ja gewiß, ich schwimme in Thränen, während Du Dich mit meinen Sachen putzest, und zu den Festen fährst. Morgen bleibe ich gewiß bis Mittag im Bette. Ich will nicht sehen, ob es Nacht oder Tag ist.

Mama mag sehr klug sein, aber sie ist auch sehr sonderbar. Um solche Kleinigkeit so viel ängstliche Rücksicht! Glaube mir, mit meiner Figur, mit meinen Augen, hätte Niemand auf ein Bischen unruhige Haut gesehen. Aber ich weiß schon – – –

Sage mir doch, ist noch Niemand in der Stadt angekommen? Er wollte doch schon Ende vorigen Monats dort sein. Statt von dem langweiligen Leontin zu schreiben, hättest Du mir etwas Interessanteres mittheilen können.

Verbrenne um Gotteswillen dies Blatt, damit es kein Mensch sieht, am wenigsten – Du verstehst mich wohl.

Ich schließe hier, der Bote eilt. Mein Himmel, Du wirst ja doch noch zeitig genug zu Deinem brillanten Dejeuner fertig werden.

Geh nur! geh! Du bist nicht halb so gefühlvoll, als ich. Das ist auch mein einziger[156] Trost. Die Besten müssen immer am meisten leiden! Adieu!

Quelle:
Caroline de la Motte Fouqué: Resignation. Theil 1–2, Teil 1, Frankfurt a.M. 1829, S. 154-157.
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