Die Oberhofmeisterin an Sophie

[257] Wie soll ich Sie nennen? unbesonnen? Das Wort paßt niemals auf Sie. Treulos? Ich kenne Sie so lange als wahr und zuverläßig. Bethört also? Bethört auf unbegreifliche Weise.

War es möglich? Bei Ihnen fand sich das Pärchen zusammen? Unter Ihrem Schutz glich sich alles so glatt und eben aus, als habe die Thorheit nur die Hand der Weisheit bedurft, um ihr gleich zu werden!

Sophie, dazu haben Sie Ja gesagt? So[257] wenig ehrten Sie in der Freundin die tödtlich gekränkte Mutter? Haben Sie denn kein menschliches Ahndungsvermögen? fiel es Ihnen nicht auf tausend Meilen ein, wie es mir in der Seele zuwider sein mußte, diese verführerische Schlange mit Hugo verheirathet zu sehen. Sie mit dem Namen nennen zu hören, den Emma, die Unglückliche, Gemarterte, mir und der Welt Entrissene, trug? Haben Sie gar keine Vorstellung von der Eifersucht einer Mutter für die Rechte der einzigen, angebeteten Tochter? Ist es Ihnen wirklich unmöglich, die bittere Kränkung zu bezweifeln, die mir aus dieser unwürdigen Heirath erwächst?

O fragen Sie nicht mit der verwunderten Ruhe, die mich zu Zeiten, Ihnen gegenüber, um alle Fassung bringt, ob ich denn gewollt, daß der Graf nie wieder an eine zweite Ehe denken sollte? Ja, ja, ich habe das gewollt! Ich will es noch! Wem darf er seine Hand bieten, wenn ihn das sanfte Joch an Emma's Seite drückte? Wem? ich frage Sie. Und wenn auch das nicht wäre, sagen Sie einmal, kann er diese Unruhestifterin, diese Störerin seines Familienfriedens, diese doppelte –! O lassen Sie mich wegwenden von dem Gedanken, daß sie es ist, die[258] er in sein ehrbares Stammhaus führt, die ihr entweihtes Wappen an den Schild hängen darf, der sich mit dem meinigen verschlang; daß sie da gehen, stehen, sitzen wird, wo Emma saß; daß ihre Stimme frei und keck erschallen wird, wo jene demüthig und leise ihr bescheidenes Wort aussprach, daß sie – o mein Gott! da lachen wird, wo mein armes Kind so viel, so heiß weinte!

Gehen Sie, Sophie! Ihre Klugheit ist dem flachen Spiel empfindsamer Modetändelei erlegen. Während Sie sündliche Thränen trocknen helfen, pressen Sie meinen brennenden Augen gerechte und allzu bittre aus.

Ich wußte nicht, sollte ich die Leute Lügen strafen, die mir die Geschichte dieser Komödien-Versöhnung erzählten! Ein falsches Gerücht nannte ich sie, doch glauben, das war mir nicht möglich, glauben konnte ich sie nicht.

Nun bestätigen Sie es selbst, und verlangen, ich soll es gut heißen.

Verblendete! mit Ihnen ist nicht zu streiten. Aber der Himmel, das weiß ich, der Himmel wird Euch die Augen öffnen. Das duldet er nicht, wie auch Wahn und Ueberspannung seine Absicht mißverstehe. Und sollte, und dürfte ich[259] auch nicht –! Nein! verlassen Sie sich darauf, das wird niemals geschehen!

Quelle:
Caroline de la Motte Fouqué: Resignation. Theil 1–2, Teil 2, Frankfurt a.M. 1829, S. 257-260.
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