Scena III.

[54] Vlrich, Wendelgard, Adelhard, Salomon.


VLRICH.

Es ist noch ewer will, wie vor,

Mein liebster Gmahel, gehn zu Chor,

Oder widerkommen in mein Ehe,

Dann wie ich jetzt von euch verstehe,[54]

So ist kein ander hindernuß,

Allein der Abt s erlauben muß,

Vnd euch der Glübten machen quit,

WENDELGARD.

Mein liebster Gmahel anderst nit,

Dann ich mein Ehelich Glübde gethon,

Euch meinem Gmahel, vnd ob schon,

Den Witwenstand ich gschworen han,

So ists doch gschehen auß solchem Wahn,

Dieweil ich gmeind, jhr weret todt,

Darumb so hat es nu kein noht.

Ihr wöllet mich dann nimmermehr,

VLRICH.

O das verbiet mir GOTT der HERR.

Wie sol ich euch nit haben gern,

Die mir angthon hat so viel ehrn,

Vnd in meim Elend so geliebt,

Vnd sich von meinet wegn betrübt.

GOTT sey mein Zeug in jener Welt,

Werd jhr der Glübden ledig gzelt,

Ihr solt geniessen dieser Trew,

So war ich leb, ohn alle Rhew.

SALOMON.

Ich wil jhn hie entgegen gohn,

ADELHARD.

Dort seh ich den Abt Salomon.

WENDELGARD.

Wir wöllen jhn nu sprechen an,

SALOMON.

Seid mir wilkom, mein thewrer Mann,

Mein lieber Herr vnd bester Freund,

Seid mir wilkommen zu dieser Stund.

Was weinet jhr mein Wendelgart?

VLRICH.

GOTT grüß euch Herr fromb, streng vnd hart.

GOTT grüß euch z tausendmal vnd mehr,

Abt Salomon Ehrwürdiger Herr.[55]

SALOMON.

Warumb habt jhr mich heut betrogen,

Vnd mir so artig fein gelogen?

Daß jhr herkompt auß Sachssenland,

Vnd seid von Hertzog Henrich gsand.

Was habend jhr mich da gezigen?

VLRICH.

Jch forcht, die Sach blieb nit verschwigen,

Ehe ich zu meinem Gmahel käm,

Würd jhr darnach nit angenäm.

Darumb wolt mirs verargen nicht,

SALOMON.

Mich hat gedeucht, ich solts Angsicht,

Vor gsehen han, vnd kennen noch,

Vnd stund in einem zweiffel doch.

Nun weil euch GOTT auß ewerm Band,

Hat wider gholffen ins Vatterland,

Vnd jhr zu mir seid kommen her,

Auß frembden Landen weit vnd ferr,

So kommend mit mir vber Tisch,

Da wil ich geben Fleisch vnd Fisch,

Brot vnd Wein, was ich kan haben,

Damit euch bey mir zu erlaben.

VLRICH.

Würdiger Herr, wir kommen nit,

Ihr gewehren mich dan meiner Bitt.

SALOMON.

Wann solches ist in meiner gwalt,

VLRICH.

Ihr sehet nu der Sachen gstalt,

Wie mein Gemahel Wendelgart,

Das Fürstlich Frewlein schön vnd zart,

Nit anderst gmeint, dann ich sey todt,

Darumb sie mir in dieser Noht,

Ein Jahrtag zu Ehrn angericht,

Mit eim Weyler jhr Angesicht,

Verhüllet als ein Kloster Fraw,

Ist zogen auß dem Land Torgow,[56]

Vnd sich in dieses Klosterleben,

Auß trawrigkeit willig gegeben.

Nu weil sie je auß falschem Wohn,

Diß alles, wie gehört, hat thon,

So ist an euch mein freundlich Bitt,

Ihr wöllends mir versagen nit,

Vnd sie mir wider sprechen zu,

Dann sonst hab ich weder rast noch rhu,

So lang ich jhr beraubet binn,

SALOMON.

Mein guter Freund, es hat den Sinn,

Vnd den Verstand, ein sölche Sach,

Das ich nit bald mich vnderfach,

Dann weil sie GOTT geschworen hat,

In dieser Zell ein Witwin Staat,

So wil sich das ein mal gebüren,

Ein Witwe Stand hinfür zuführen,

Wie solchs Sanct Paulus lehren thut,

Timotheum sein Jünger gut,

Vnd Moses am 30. Capittel,

Gleich im Anfang ohn alles Mittel.

Wenn jemand Gott ein Eyd thut schweren,

Verbind sein Seel damit dem HERren,

Der soll sein Wort dann schwechen nicht,

Vnd alles thun nach seiner Pflicht.

Vnd sagt darauff der edel Hort,

Von Ehelichen Weibern diese Wort:

Wann ein Fraw hat ein lieben Mann,

Vnd sie dem Herrn ein Glübd hett than,

Vnd jhre Seel darmit verbunden,

Vnd jhr Man schweiget zu den stunden,

So gilt jhr Glübt, vnd was sie gschworn,

Das sol sich halten ohn verlohrn.

VLRICH.

Mich dünckt, wie ichs hab hören sagen,

Von diesem Gsetz, in meinen tagen,

Es steh darbey, wann solchen Schwur,

Der Man auch hör, so gelt er nur.[57]

Dieweil ich dann war weit von hinnen,

Wie künd ich deß Glübds werden jnnen?

Wie könd ich meinen Gmahel hören?

SALOMON.

Nun helff ich euch bey glauben gern,

Wann nit drauff folgten diese Wort,

Die jhr villeicht auch han gehört,

Das Glübd einr Witwen, vnd einr Frawen,

So gscheiden ist, (solt mir drum trawen,)

Alls das sie bind auff jhre Seel,

Das gelt auff jhr ohn allen fehl.

ADELHARDT.

Wann ich zur Sachen auch dörfft reden,

Vor euch als meinen Herren albeiden,

So dünckt es mich, wie Moses lehrt,

Vnd ich zuvor offt hab gehört,

Im dritten Buch da steht geschrieben,

Ists mir anderst im Sinn geblieben,

Am letzten Capittel, denck ich recht,

Dann in der Gschrifft bin ich gar schlecht,

Wenn jemand Gott dem Herren schwert,

Vnd sich von seinem Glübt bekehrt,

So soll er dann mit Gelt vnd Gut,

Dem HERRN abkauffen Leib vnd Blut.

Drum lieber Herr Abt Salomon,

Wölt jhr darfür ein Schätzung hon,

Ich gib die hin für mein Herrn Vatter,

Für mein Fraw Mutter, mein wolthätter.

Die werden euch auch beid danckbar sein,

VLRICH.

Für war so steht der wille mein.

Vnd so jhr sie der Glübd erlaßen,

Wil ich mich halten aller maßen,

Nach ewerm willen alle Tag,

SALOMON.

Ich hab gehöret euwer Sag.

Nu muß ich wissen auch vorhin,[58]

Fraw Wendelgart, was sie im Sinn,

Ob auch so gschaffen sey jhr will,

WENDELGART.

Ehrwürdiger Herr, da sorgt nit viel.

Dann nett ich gewißt mein Mann noch leben,

Ich nett mich in die Klauß nit geben,

Wolt sein daheim erwartet han,

Drumb wölt mich meiner Glübt erlahn.

VLRICH.

Für sie wil ich in mein Reinthal

Den Zehend euch schencken auff dißmal.

Zu Höchsten vnd in selber gegne,

Was gute Güter vnd gelegne.

ADELHARD.

So wil ich auch herein vergaben,

Altstetten im Reinthal, den Schwaben,

Vnd dieser Gutthat für vnd für,

Sein eingedenck nach aller gebür.

So war Gott lebt der Allmächtig,

WENDELGARD.

Vnd ich mit meim Gebett andächtig,

Im Ehestand dienen Gott dem Herrn,

In Zucht, Keuschheit vnd allen Ehrn,

Als wenn ich gleich im Kloster wer,

Drumb helffend vns Würdiger Herr.

SALOMON.

Nu weil jhr dann je also wöllen,

Euch widerumb ehlich gesellen,

So wil ich jetz auß meiner Macht,

Darzu mich GOTTES Gnad gebracht,

Den Weyler wider von euch nemmen,

Vnd was einer Fürstin thut bequemmen,

Ietzund vor ewerm Herrn anthun,

Euch ewer Glübden gantz erlon.

Nu gebend beid die Händ zusamen,

Ich segne euch in GOTTES Namen,

Von newen ein, als recht Eheleut,

Wie vor auch gschehen vor dieser Zeit,[59]

Bestettig ewer erste Ehe,

Das sie hinfüro wol bestehe,

Was GOTT der HERR so fügt zusamen,

Das soll so bleiben in seim Namen.

Nu folgend mir in die Kirch hineyn,

Vnd lobend Gott den HERren mein,

Daß er die Sachen also gschickt,

VLRICH.

Nun bin ich jetzund wol erquickt.

Dem HERREN sey Lob Ehr vnd Preiß,

Der mir geholffen auff solche weiß.

Wir wöllend Ihm drumb danckbar seyn,

WENDELGARD.

Der Bischoff geht in d Kirch hineyn.

Wir wöllen mit jhm Gott den Herren,

Mit Lobgsang preisen vnd ehren.

ADELHARD.

Wir gehen jetz in d kirchen hin,

Vnd wie ich dessen brichtet bin,

So hat der Abt ein Hochzeit Maal,

Zurüsten lassen in seim Saal,

Wol in dem Kloster zu S. Gallen,

Fraw Wendelgard zu gefallen.

Dahin wirt er beruffen Gäst,

Aufftragen lassen auff das best.

Wo jemand ist, dem dieses Spiel,

Gefallen hat, ists jhm nit zviel,

So kom er auch, sey frölich mit,

Vnd hab da keim für vbel nit.

Ist aber jemand der was tadelt,

Er sey hoch oder nider gadelt,

Der mag Abt Salomon zugfallen,

Ein Reiß fürnemen zu Sanct Gallen,

Vnd dieser wahren gründlichen Gschicht,

Allda eynnemen bessern Bricht,

Ich geh daruon, verargt mirs nicht.[60]


Quelle:
Nicodemus Frischlin: Fraw Wendelgard. Stuttgart 1908, S. 54-61.
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