Der Frühling

[58] Zu begierig, unsre stille Hütten,

Unser Tibur wieder zu besuchen,

Schlich sich, Aquilo zum Troze, heimlich

Unser Thal herein, ein Söhnchen Zephirs.

Durch sein Sorgen überzog die Thäler

Bald ein Teppichwerk von blauen Veilgen,

Die die Luft gelinde parfumirten.

Unterm Mäntelchen der zarten Flügel

Bracht es viele, halb nur flicke, Amors,

Welche piepend Büsch' und Gärten füllten.

Seit der Stunde zwitschern, wie betrunken,

Unsre Vögel all' aus allen Ecken,

Was ganz zärtliches und wohllustreiches.

Annoch, dünkt mich, ist es keine Liebe;

Doch, wie leichtlich, Götter kann man irren!

Quelle:
Johann Nikolaus Götz: Gedichte. Stuttgart 1893, S. 58.
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