9. Scene.


[31] Vorige. Loisl.


MUCKL wie Loisl eintritt. Jetzt kommt der Recht'; der is uns noch ab'gang'n.[31]

LOISL. Gelt, hast Zeitlang g'habt nach mir? Schenkst mir was!

MUCKL. Bett'lst schon wieder?

LOISL. Von dem, was du mir g'schenkt hast, kann i mir noch net amal a Schuhschmier'n kauf'n.

MUCKL. Was thät'st auch damit? Hast ja gar keine Schuh'!

LOISL. D'rum stünd's dir gut, wenn mir a Paar schenk'n thätst.

WIRT. Was willst denn eigentlich da?

LOISL. Botschaft soll i ausricht'n von der Zwerger Nandl. Du sollst morg'n am Sonntag d'Loni auf d'Weglalm lass'n, weil d'Kramerwab'n, die ihr versproch'n hat, über d'Hochzeit von ihrer Schwester ausz'helf'n, erst am Montag in der Früh' kommen kann.

WIRT. D' Nandl is wohl verrückt?

LOISL. Da bist g'stimmt; die is g'scheidter wie du![32]

WIRT. I kann doch d'Loni net weglass'n, wo am Montag Hochzeit is und 's ganze Haus voller Arbeit.

LONI. Wenn du willst, Vater, können wir's schon mach'n. 's Meiste is schon herg'richt', heut' und morg'n bis Mittag is auch noch Zeit und am Montag Vormittags bin i wieder da. Thust ihr halt den G'fall'n.

WIRT. Ja, wenn du meinst, baß es geht, hab' i nix dageg'n.

MUCKL für sich. Da kenn' i ein', der morg'n Nachts auch auf der Weglalm is.

LOISL. Loni, hast nix für mi zum schnabulir'n.

LONI. Geh' halt' amal mit in Kuch'l, nachher kriegst a Schmalznud'l.

LOISL. Eine nur?

LONI. Kannst auch zwei hab'n, du Bett'lsack. Ab.

LOISL ruft nach. Aber drei recht fette! Zu Muckl. Sixt, die schenkt mir schon 'was.[33]

MUCKL. Die folgt halt dem Herrn Pfarrer, der sagt, geb'n is seliger als nehmen.

LOISL. Da hat er auch Recht. I gäb' dir auch lieber zwei Watsch'n, als daß i eine krieg'. Läuft in die Küche.

MUCKL nachrufend. Jetzt hast aber Zeit g'habt!


Während der letzten Scene sind immer mehr Bauern und Bursche eingetreten, haben Platz genommen und werden von Resl bedient. Einige Mädchen schauen neugierig durch das Fenster.


RÖTHELBACHBAUER. Jetzt hab' i all'weil g'meint, es sollt' heut' lustig hergeh'n bei'm neuen Bürgermeister. Bis jetzt rührt sich aber noch nix.

TONI. A mein, kannst ja nimmer lustig sein! Heut' zu Tag' darfst di ja gar nimmer rühr'n.

LEHNL. Ihr habt's notwendig, daß ihr euch beklagt. G'rad heut' zu Tag' kann man thun, was man mag und kein Mensch legt ei'm 'was in' Weg. Aber zu meiner Zeit, weil i noch jung war, da wenn du nur g'schnauft hast, bist schon eing'sperrt word'n.

TONI. No – und g'rad die Alt'n sag'n, früher war a bessere Zeit.[34]

LEHNL. G'rauft und g'schlag'n is freilich net so viel word'n als jetzt. Der Kirta hat acht Tag' 'dauert und kein Hirnbatz'l hat's 'geb'n, viel weniger hat einer mit'm Schlagring zug'haut. Dafür hat aber 's Landg'richt sein' Nas'n bei jedem G'spaß g'habt. Amal – da hab'n wir an Kirta begrab'n; der eine hat an Pfarrer g'macht, der andre an Meßmer, und i – i hab' an Tot'n gemacht. Acht Tag' d'rauf sind wir schon am Landg'richt g'wes'n; da hab'n's ei'm Jed'n von den andern sechs Tag 'naufg'hängt und i – weil i der Tote g'wes'n bin, mi hab'n's vierzehn Tag' eing'sperrt.

ALLE lachen laut durcheinander.

TONI. Muckl, jetzt solltest uns halt ein's aufspiel'n.

MUCKL. Her mit der Klampfern. Deand'ln geht's 'rein und schaut's 'naus, 's is g'scheidter!

MODEI durch's Fenster rufend. Hab' schon 'glaubt, man wollt' heut' ohne uns tanz'n.


Quelle:
Ludwig Ganghofer und Hans Neuert: Der Herrgottschnitzer von Ammergau. Augsburg 21880, S. 31-35.
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