5. Scene.


[44] Loni. Lehnl. Traudl.


LEHNL. Also Enzian such'n bist 'gang'n.

TRAUDL. Ja, und in der Lehnhardikapell'n war i auch und hab' für mein' Buab'n 'bet'.

LEHNL. Bei'm Lehnhardi?

LONI. Das is der recht' Heilige für dein' Pauli!

TRAUDL. Sollst es ihm net gar so koch'n. I weiß bald nimmer, was i damit anfang'.

LONI. Schau', daß er fort geht; es soll a Land geb'n, wo Lappen leb'n, da paßt er hin!

LEHNL. Da wird's ihm aber z'kalt sein.[44]

LONI. Hast du ihn schon amal warm g'seh'n!

TRAUDL. Mein, er ist halt a stiller Bursch. Es is sein Vater auch net anders g'wes'n, aber 's nämliche gute Herz hat er, wie der Alt', is brav und ordentlich und plagt sich redlich um die paar Kreuzer, die er sich verdient. Daß er verliebt is, das wird wohl kein' Sünd' sein.

LONI. Na, Sünd' is es keine, aber aufsteck'n kann er's, wann er mag. I kann kein Mannsbild net leid'n, das all'weil 'rumgeht wie a Henn', die an Zipf hat. Herrgott – i wann a Bua wär', der wildest' müßt' i sein im ganz'n Thal, rauf'n müßt'n sich d' Mad'ln um mi – und wo i so denk', soll mir der Pauli g'fall'n, der sich hinter an Weiberkitt'l steckt und meint, was er net fertig bringt, das soll sein' Mutter können.

TRAUDL. Da thust ihm unrecht. I bin schon von selber 'rauf, weil i g'hört hab', daß du auf der Weglalm bist – und da hab i mir 'denkt, i könnt' amal allein mit dir red'n.

LEHNL. Aha, das ist der Enzian, den du suchst!

TRAUDL. Mein Pauli hat kein Wört'l zu mir g'schnauft. Gestern wie er heim'kommen is, hab' i schon g'schlaf'n und wie i heut' d'Aug'n aufg'macht hab', war er mit'm Herrn Fritz schon über alle Berg'.[45]

LONI. Gott sei Dank, da hab' i doch auch amal an Tag, wo er mir net auf die Füß' 'rumtritt.

TRAUDL. Jetzt red' net so daher! Kannst ja der G'schicht' leicht a End' mach'n. Sag' halt amal g'radweg zu ihm: I will di net und mach' daß weiter kommst. Du bist ja sonst a gut's und a brav's Madl, aber an Fehler hast; den Mannsbildern verdrehst den Kopf und das is amal net recht.

LONI. I hab's noch kei'm g'schafft, daß er weg'n meiner damisch wird. Aber daß du so red'st, begreif' i, denn wo wär's anders in der Welt, als daß die Alt'n für die Jung'n zwitschern.

TRAUDL. Oho – mußt net glaub'n, daß i dir mein' Pauli 'naufdisputir'n will; da thät' i mi schon schamen. Aber eins könnt' man verlang'n, daß man mit ei'm Buab'n, der's so gut meint, net sein Spiel treibt, denn wo's gar so gäh in d'Höh geht, möcht's leicht a Unglück geb'n. Nix für ungut, i red' halt, wie i's versteh' und wie i mein', daß es recht könnt' sein. So – jetzt weißt, wie i mein' und wie i denk' und jetzt b'hüt' di Gott! Sie wendet sich zum Gehen.

LEHNL. An dir is a Pfarrer verlor'n 'gang'n, du red'st ja wie a Evangelium. Man hört rechts von der Höhe einen lauten Juhschrei.

TRAUDL. Jesses, das war der Pauli.


Quelle:
Ludwig Ganghofer und Hans Neuert: Der Herrgottschnitzer von Ammergau. Augsburg 21880, S. 44-46.
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