[46] Vorige. Baumiller. Pauli, später Loisl.
BAUMILLER steigt mit Pauli rechts die Höhe herab. Ja – Pauli – wo hast denn du mi hing'führt? Da sind wir ja auf der Weglalm bei der lustig'n Nandl?
LONI. Heut' müss'n's aber schon mit mir vorlieb nehmen, Herr Fritz.
BAUMILLER. Ja Loni, seit wann bist denn du Sennerin?
LONI. A halbe Stund' is her. Aber jetzt werden's müd' sein. Setz'n's Ihnen nieder und rast'n's aus. Hab'n thu' i nix als a Milch und an frisch'n Butter.
BAUMILLER. Nur her damit!
LONI geht ab in die Hütte.
TRAUDL zu Baumiller. Ja wo kommt's denn her?
BAUMILLER. Vom Sonnenberg.
TRAUDL. Was! Spöttisch. Da habt's g'rad den nächst'n Weg g'macht; das muß i sag'n.[47]
LEHNL. Hat ihn ja der Pauli g'führt; und so wie der Herr Pfarrer sagt, alle Weg' führ'n nach Rom, so führ'n bei dem alle Weg' nach der Weglalm, wenn d' Loni da is.
LONI tritt mit einer Schüssel voll Milch aus der Hütte und stellt dieselbe auf die an der Außenwand der Hütte angebrachte Bank. Kommen's, Herr Fritz, da setz'n's Ihnen her.
BAUMILLER geht nach der Bank, schiebt seinen Rucksack darunter und beginnt zu essen.
TRAUDL. Und i mach' jetzt, daß i weiter komm', sonst wird's mir z' dunk'l. Also b'hüt' euch Gott bei 'nander Geht nach dem Hintergrunde.
BAUMILLER UND LONI. B'hüt' Gott!
LEHNL. B'hüt' di Gott, alte Pelzhaub'n!
LOISL der Nandl ein Stück Weges begleitet hat, stößt auf die abgehende Traudl. Gehst schon wieder? Gelt, bring' mir 's nächstemal 'was von Ettal mit.
TRAUDL. Ja, a g'weiht's Wachsstöck'l. Geht ab.
LOISL. Das is g'scheidt; nachher kann i dir gleich heimleucht'n![48]
LONI zu Pauli, der sich zur Seite des Brunnens auf einen Stein gesetzt hat. Is dem Herrn vielleicht auch 'was g'fällig?
LEHNL. Wie magst frag'n, den speist ja d' Lieb'!
LONI. Mit dir hab' i net g'red't!
PAULI. Sonst war's wohl so Brauch auf der Alm, daß man a Schüß'l Milch kriegt.
LONI. Thät' halt 's Maul aufmach'n. I kann dir net 'neinschau'n in' Mag'n. Ab nach der Hütte.
LOISL. Pauli, hast dein Schweg'lpfeiferl net bei dir?
PAULI. I schon.
LOISL. Schenk' mir's.
PAULI. Wenn i amal stirb.
LOISL. Wann stirbst denn?
PAULI. Ja, das weiß i net![49]
LOISL. Das dauert mir z'lang. Thu's 'raus, nachher blas'n wir mit einander.
PAULI. I bin heut' net aufg'legt dazu.
LONI bringt Pauli eine Schüssel mit Milch. Da, unterhalt' di damit!
PAULI. Vergelt' dir's halt Gott, daß du so gut bist und mi net schlechter halt'st als an Andern.
LONI. O du g'nügsamer Mensch! Sie geht nach der Hütte und räumt das vor derselben zum Trocknen aufgestellte Geschirr zusammen.
LOISL. Jeh, der Maler – hab' di ja gar net g'seh'n!
BAUMILLER. Ja Loisl, wie geht's dir denn all'weil?
LOISL. A mein, schlecht g'nug. Schenk' mir 'was!
BAUMILLER. Magst a Milch?
LOISL. Na, a Geld.
BAUMILLER. Ja, lieber Freund, i hab' kein's!
LOISL. Du lügst ja, d' Stadtleut' hab'n all'weil a Geld.[50]
BAUMILLER. So, meinst! Aber net zum Herschenk'n!
LOISL. No, ess'n könnt's es ja doch net!
BAUMILLER. Was thät'st denn nachher damit!
LOISL. A Bier kauf'n.
BAUMILLER. Kriegst ja kein's da herob'n.
LOISL. Geh' schon 'nunter in's Wirtshaus.
BAUMILLER. Wenn du aber an Rausch kriegst?
LOISL. Das macht nix, der is g'sund!
BAUMILLER. Hast schon amal ein' g'habt?
LOISL. Jeh, schon öfters. Neulich hab' i ein' g'habt, da hätt' man gleich zwei d'raus mach'n können.
BAUMILLER. Magst net an Schnaps auch?
LOISL. I mag alles.
BAUMILLER. So lang' 'nein in mein Rucksack, da is einer drin.[51]
LOISL. Du hast halt doch a gut's Herz. Er holt die Flasche aus dem Rucksack hervor. Vergelt' dir's Gott! I sag's ja, der Mensch darf nur recht g'scheidt red'n, nachher kommt er zu 'was.
LEHNL. Und du bist schon so a grundg'scheidter Kerl.
LOISL. Ja – und i bin net amal stolz d'rauf, denn i red' auch mit ei'm, der dümmer is als i. Trinkt die Flasche leer.
BAUMILLER. So, jetzt brech'n wir auf, Pauli jetzt wird's Zeit.
LOISL. Maler, schenkst mir das Flasch'l?
BAUMILLER. Fallt dir sonst nix mehr ein. Z'erst trinkt er mir den Schnaps aus, und nachher will er 's Flasch'l auch noch hab'n.
LONI. Schamst di jetzt gar net, du Bett'lbua. Dein' Krax'n nimmst und machst, daß 'nunter kommst.
LOISL. I kann nimmer, i hab' an Rausch.
LONI. No wart', i werd' ihn dir vertreib'n!
LOISL lachend. Jeh, die glaubt's net, daß i an Rausch hab'. Ab in die Hütte.[52]
BAUMILLER. Also Loni, b'hüt' di Gott. Morg'n auf der Hochzeit seh'n wir uns wieder. Wirst denn nachher auch mit mir tanz'n?
LONI. No, wär' net aus, wenn Sie mir die Ehr' schenk'n.
PAULI. Was is denn mit dir, Lehnl, gehst du net mit?
LEHNL. Na! Leise zu Pauli. I muß erst noch für di 's Maul aufmach'n. Und schlaf'n werd' i wohl da herob'n, denn d' Loni laß i net allein.
LONI ruft dem Maler nach, der schon vorausgegangen ist. B'büt' Gott, Herr Fritz!
PAULI. B'hüt' di Gott Loni! Geht ab.
LONI. B'hüt' di Gott auch; vergeh' di halt net wieder so g'schwind auf d' Weglalm.
LEHNL. Hab' kein' Sorg', wenn du net da bist, find't er net her.
LOISL kommt mit der Kraxen aus der Hütte. Halt, Pauli du mußt mi führ'n, sonst fang' i' s kug'ln an. Gilt den Andern nach.
Ausgewählte Ausgaben von
Der Herrgottschnitzer von Ammergau
|
Buchempfehlung
Die keusche Olympia wendet sich ab von dem allzu ungestümen jungen Spanier Cardenio, der wiederum tröstet sich mit der leichter zu habenden Celinde, nachdem er ihren Liebhaber aus dem Wege räumt. Doch erträgt er nicht, dass Olympia auf Lysanders Werben eingeht und beschließt, sich an ihm zu rächen. Verhängnisvoll und leidenschaftlich kommt alles ganz anders. Ungewöhnlich für die Zeit läßt Gryphius Figuren niederen Standes auftreten und bedient sich einer eher volkstümlichen Sprache. »Cardenio und Celinde« sind in diesem Sinne Vorläufer des »bürgerlichen Trauerspiels«.
68 Seiten, 4.80 Euro
Buchempfehlung
Zwischen 1765 und 1785 geht ein Ruck durch die deutsche Literatur. Sehr junge Autoren lehnen sich auf gegen den belehrenden Charakter der - die damalige Geisteskultur beherrschenden - Aufklärung. Mit Fantasie und Gemütskraft stürmen und drängen sie gegen die Moralvorstellungen des Feudalsystems, setzen Gefühl vor Verstand und fordern die Selbstständigkeit des Originalgenies. Michael Holzinger hat sechs eindrucksvolle Erzählungen von wütenden, jungen Männern des 18. Jahrhunderts ausgewählt.
468 Seiten, 19.80 Euro