7.

[144] Niemals werd' ich dich vergessen,

Wie ich einst im Kranz dich sah

Deiner Palmen und Zypressen,

Reizendes Parichia![144]


Aus dem Meer auf Felsterrassen

Steigst du sanft, und dichter Wein

Hüllt die säulenreichen Gassen

Dir in grüne Schleier ein.


Brunnen rauschen, Vögel rufen,

Rosen glühn im Laubgeflecht,

Und hinauf, hinab die Stufen

Wallt ein göttergleich Geschlecht:


Blonde Knaben, deren Brauen

Träumerischer Ernst umwebt,

Schlanke, marmorschöne Frauen,

Deren Schritt wie Reigen schwebt.


Ob die Fabelwelt der Dichter

Längst zerronnen: hoch und rein

Spielt um diese Angesichter

Noch von ihr ein Widerschein;


Und in fremder Märchenhülle,

Wenn sie dir vorübergehn,

Glaubst du Phöbus' Lockenfülle,

Aphroditens Reiz zu sehn.


Wahrlich, aus dem Weltgetriebe

Flücht' in diese stille Bucht,

Wer die Sehnsucht, wer die Liebe,

Wer der Schönheit Urbild sucht!

Quelle:
Emanuel Geibel: Werke, Band 2, Leipzig und Wien 1918, S. 144-145.
Lizenz:
Kategorien: