4.

[103] Wie säuselt über Tal und Hügel

Der Gruß des Frühlings heut so mild!

Von fern erklingt's wie Schwalbenflügel,

Und traumhaft brütet's im Gefild'.


Im Stamm der alten Linde steigen

Die Säfte schon geheimnisvoll;

Sie spürt's und schauert mit den Zweigen

Vor Freuden, daß sie grünen soll.


Zwar decken Schleier zartgewoben

Des Himmels Angesicht noch ganz,

Doch rinnt durch ihr Gespinst von oben

Verheißungsvoll ein weißer Glanz.


Er gleicht dem rätselsüßen Schimmer,

Der um des Mädchens Züge schwebt,

Das sich geliebt fühlt, doch noch immer

Ihr Glück sich zu bekennen bebt.

Quelle:
Emanuel Geibel: Werke, Band 2, Leipzig und Wien 1918, S. 103.
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