Pause

[213] 1856.


Wer will's denn leugnen, daß in unsern Tagen

Ein rascher Pulsschlag sich lebendig regt,

Daß rings ein frischer Geist die Welt bewegt,

Und die Gedanken neue Flüge wagen?


Die Wissenschaft zertrümmert ohne Zagen

Manch dumpfe Schranke, die uns eingehegt,

Der Baum der Freiheit, der schon Blüten trägt,

Verheißt, dereinst uns goldne Frucht zu tragen.


Ein Großes aber mangelt dieser Zeit:

Das eigne Dach und Fach, das mit Vertrauen

Die Brust erfüllt, und drin die Rast gedeiht.


Noch heimatlos, bei Sonn' und Wettergrauen

Sitzt sie auf Trümmern der Vergangenheit

Und Quadern, für der Zukunft Bau gehauen.

Quelle:
Emanuel Geibel: Werke, Band 2, Leipzig und Wien 1918, S. 213-214.
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