Was wir wollen

[229] April 1867.


Was soll dies Spiel der List,

Dies Klirren mit dem Schwerte,

Als ob nach Raub und Zwist

Das deutsche Volk begehrte?

Ein treuer Wunsch allein

Steht uns ins Herz gegraben:

Wir wollen einig sein

Und wollen Frieden haben.


Mag jeder, wie's ihm klug

Bedünkt, sein Haus verwalten!

Wir sind uns selbst genug

Und lassen gern ihn schalten.

Uns ist's nicht Gall' im Wein,

Wenn andre froh sich laben;

Wir wollen einig sein

Und wollen Frieden haben.


Nur, wie wir ohne Groll

Das Recht des Nachbars ehren,

So fordern wir, man soll

Auch unsres uns gewähren.

Kein Vormund red' uns drein

Wie willenlosen Knaben;

Wir wollen einig sein

Und wollen Frieden haben.


Wir wollen endlich fest

Ausbaun die deutschen Hallen,

Nicht, wie sie Ost und West,

Nein, wie sie uns gefallen.

Reicht uns die Hand am Main,

Ihr Bayern und ihr Schwaben!

Wir wollen einig sein

Und wollen Frieden haben.


Wir hassen's insgesamt,

Um eitlen Ruhm zu fechten,[230]

Doch hoch zur Notwehr flammt

Das Schwert in unsrer Rechten.

Dem Störenfried allein

Sei's in die Brust gegraben!

Wir wollen einig sein

Und wollen Frieden haben.

Quelle:
Emanuel Geibel: Werke, Band 2, Leipzig und Wien 1918, S. 229-231.
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