Gondoliera

[59] O komm zu mir, wenn durch die Nacht

Wandelt das Sternenheer!

Dann schwebt mit uns in Mondespracht

Die Gondel übers Meer.

Die Luft ist weich wie Liebesscherz,

Sanft spielt der goldne Schein,

Die Zither klingt und zieht dein Herz

Mit in die Lust hinein.

O komm zu mir, wenn durch die Nacht

Wandelt das Sternenheer!

Dann schwebt mit uns in Mondespracht

Die Gondel übers Meer.


Das ist für Liebende die Stund',

Liebchen, wie ich und du;

So friedlich blaut des Himmels Rund,

Es schläft das Meer in Ruh'.

Und wie es schläft, da sagt der Blick,

Was keine Zunge spricht,

Die Lippe zieht sich nicht zurück

Und wehrt dem Kusse nicht.

O komm zu mir, wenn durch die Nacht

Wandelt das Sternenheer!

Dann schwebt mit uns in Mondespracht

Die Gondel übers Meer.

Quelle:
Emanuel Geibel: Werke, Band 1, Leipzig und Wien 1918, S. 59-60.
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