1. Neapolitanisch

[236] Du mit den schwarzen Augen,

Die schön sind wie die Sterne,

Soll ich den Tod mir saugen

Aus ihrem kühlen Schein?

Umsonst in alle Ferne

Hinaus die Blicke lenk' ich,

Ach, dein so viel gedenk' ich,

Und nimmer denkst du mein.[236]


Tief in der Nacht voll Kummer

In öden Finsternissen

Wälz' ich mich ohne Schlummer,

Darf ja bei dir nicht sein.

Mein Wollen, Sinnen, Wissen

Ins Meer der Liebe senk' ich -

Ach, dein so viel gedenk' ich,

Und nimmer denkst du mein.


All meine Sinne fluten

Zu dir, zu dir gewaltsam,

Brennender Sehnsucht Gluten

Rieseln durch mein Gebein.

Mit Tränen unaufhaltsam

Mein einsam Lager tränk' ich -

Ach, dein so viel gedenk' ich,

Und nimmer denkst du mein.

Quelle:
Emanuel Geibel: Werke, Band 1, Leipzig und Wien 1918, S. 236-237.
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