Abschied

[19] Leb' wohl, leb' wohl, mein Kind, und keine Klage!

Noch einen Kuß, noch eine Neige Wein!

So licht und freundlich waren diese Tage,

Laß freundlich auch den Abschied sein.[19]


Sieh, wenn hinab zu südlich fernen Borden

Im langen Wanderzug der Kranich schwirrt,

Begleitet ihn ein Traum vom grünen Norden,

Er spürt es, daß er wiederkehren wird.


So wird auch uns von unserm kurzen Glücke

Ein Schimmer fort und fort im Herzen stehn,

Und treu Gedenken sei die goldne Brücke

Vom Scheidegruß zum Wiedersehn.

Quelle:
Emanuel Geibel: Werke, Band 2, Leipzig und Wien 1918, S. 19-20.
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