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[23] Auch Gruftzypressen
Trägst du, Korfu, sonst würde, wer hier atmet,
Nur Rosen pflücken und des Grabs vergessen.
Als schroffe Klippe
Im Meer ragt Ithaka, doch gab ein Echo,
Ein ew'ges, ihr Homers geweihte Lippe.
Süß war vor allen
Die Reb' auf Lesbos' Gipfeln, herb erst ward sie,
Da Sapphos wilde Träne drauf gefallen.
Voll Ehrfurcht liegen
In Abendglorie seh' ich Paros' Berge,
Draus, Hellas, deine schönen Götter stiegen.
Durch Höhn und Tiefen
Fuhr Dionysos hier im Pantherwagen,
Daß heute noch von Wein die Spuren triefen.
[23] Nur Fischer wohnen
An deinem Strand, doch harfet Heldenlieder
Der Wind um deines Felsens Zackenkronen.
Von schroffen Küsten
Umgürtet, hauchst du süße Luft dem Kranken
Und strömst Genesung ihm aus Felsenbrüsten.
Hier ruhn, im Kranze
Von Blüt' und Frucht, als Zwilling' Herbst und Frühling;
Doch Idas Scheitel strahlt im Silberglanze.
O heilig Eiland!
Verwüstet liegst du, baumlos, menschenöde,
Nur deines Phöbus Auge grüßt wie weiland.
Dir ward beschieden
Des Jammers viel, doch über Schutt und Tränen
Reift goldner nur die Frucht der Hesperiden.
Auf dürft'gen Riffen
Streng zogst du dein Geschlecht, da fällt' es Tannen
Und ward ein Heldenvolk auf flücht'gen Schiffen.
In Myrtenlauben
Singt Liebe hier die Nachtigall, und silbern
Den Fels umflattern Aphrodites Tauben.[24]
Hieher, ihr Zecher!
Hier reift der Gott des Feuers Feuertrauben
Und hat das Eiland selbst geformt zum Becher.
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