Dritter Auftritt.

[38] Der Bauer kömmt herein, der auf seine Art ein Kompliment macht.


DER BAUER. Ich habe eben gehört, daß unser alter gnädiger Herr hier sei, da habe ich anfragen wollen – –

HAUSVATER. Und habt mich nicht selbst sehen wollen?

DER BAUER. Ich hab eben nicht das Herz gehabt.

HAUSVATER. Nicht das Herz gehabt, Euren Vater zu sehen? denn das möcht' ich Euch gerne sein. Was thut Ihr in der Stadt?

DER BAUER. Ich habe heute Frucht auf den Markt geführt.[38]

HAUSVATER. Habt Ihr gut verkauft?

DER BAUER. Leider Gottes so wohlfeil, daß es nicht die Baukosten verlohnt; aber was will man machen, es muß doch gelebt sein.

HAUSVATER. Es wird schon hoffentlich noch besser gehen.

BAUER. Schlechter statt besser!

HAUSVATER. Glaubt Ihr das nicht?

DER BAUER. Gnädiger Herr – – Nu, Gott kann alles wohl fügen; – – aber –

HAUSVATER. Redet nur geradezu – – sagt, was Ihr denkt.

BAUER. Ich sag's eben so, wie mir's ums Herz ist, – – aber – – ich weiß nicht recht, wir kennen eben den gnädigen Herrn nicht genug –

HAUSVATER nimmt den Bauer bei der Hand. Dank für den Vorwurf; – – künftig sollt Ihr mich mehr kennen lernen. Aber, offenherzig; seid Ihr mit Eurer Herrschaft nicht zufrieden?

BAUER. Ach, unsre Herrschaft wäre schon gut, wenn – – –

HAUSVATER. Was? wenn? – – nur getrost heraus.

BAUER. Unser gnädigen Herrschaft wollen wir gern alles geben, was wir können. Unsereins braucht nicht viel: wenn wir nur uns und unser Gesind kümmerlich ernähren können, genug zur Saat übrig behalten; mein Gott, sonst brauchen wir nichts. Alles gern der gnädigen Herrschaft, aber –

HAUSVATER. Nun? aber – – –

BAUER. 's is eben hart, daß wir sehen müssen, daß wir arbeiten müssen vor andre, die's mit der gnädigen Herrschaft teilen.

HAUSVATER. Wie meint Ihr das?

DER BAUER. Bin nur 'n dummer Bauer, aber das sieht sich doch, des Amtmanns Staat, wo soll denn das herkommen? Der gestrenge Herr, seine Frau und Kinder – – mein Gott; sie blitzen wie 'n Pfau vor schöne Kleider – – haben immer Gäste und spielen – – – mein Gott, unsereins weiß auch was's kostet; wenn wir nur einmal Kindstauf haben – – wie lange muß man nicht wieder sparen; und da geht's alle Tag – – –

HAUSVATER. So? und da nimmt man Euch wohl sehr viel ab?

BAUER. Gnädiger Herr, ich mag niemand nichts Übels nachsagen – das thu' ich nicht.

HAUSVATER. Wohl, aber Wahrheit muß doch an den Tag. Ich befehl' Euch zu sprechen.

BAUER. Nu – gnädiger Herr, will man was haben, so[39] muß man eben mit vollen Händen kommen; giebt man dem Bedienten nichts, so kommt man nicht vor den gestrengen Herrn. Der gestrenge Herr Amtmann, nu lieber Gott, der sagt eben ja, – ja: aber er thut eben nichts, wenn man nicht – –

HAUSVATER. Sagt mir das deutlicher.

BAUER. Will man eben sein Gült Korn entrichten, oder so was, – ja, da hat er keine Zeit, da bleibt's liegen bis man's selbst aufgezehrt hat, und da wird man exequiert – – will man dann wohl oder nicht, man muß eben zahlen, damit man einen Ausstand kriegt.

HAUSVATER. Abscheulich – –

BAUER. Oder will man gern was von der Herrschaft – ja, bringt man nichts, so kann's eben der Amtmann ohne die gnädige Herrschaft nicht thun, bringt man aber was mit – – da ist's gleich geschehen.

HAUSVATER. Die Folgen, wenn man für seine Unterthanen nicht sorgt.

BAUER. Die härteste Zeit vor uns ist so um die Fasten herum.

HAUSVATER. Wie das?

DER BAUER. Da ist eben der gestrenge Herr Amtmann mit Frau und Kinder so sechs Wochen lang in der Stadt gewesen; weiß nicht, was sie eigentlich treiben, aber fast bis Ostern hin müssen wir als den Doktor holen, so krank kommen sie zurück: und da kann man nichts recht thun, über alles soll man gestraft werden, da muß man sein letzten Pfennig hinbringen.


Quelle:
Das Drama der klassischen Periode. Herausgegeben von Dr. Adolf Hauffen, Band 2, Stuttgart [o.J.], S. 38-40.
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