LXXIX
TRÜBSINN

[101] Ich bin ein fürst in landen trüb und kalt

Reich aber machtlos · jung und doch schon alt ·

Der seiner lehrer bücklinge verachtet ·

Bei seinem hund und andren tieren schmachtet.

Nicht spiel nicht jagd das leben ihm verschönt

Und nicht sein volk das unterm fenster stöhnt.

Des lieblingsnarren possenhafte lieder

Erwecken seine heiterkeit nicht wieder.

Sein reichgesticktes bett wird ihm zum sarg.

Der damenkreis an lockungen nicht karg

Erhofft umsonst mit schamloser toilette

Ein lächeln von dem wandelnden skelette.

Und nicht gelangs dem arzt der gold doch schafft

Aus ihm zu bannen den verderbten saft ·

Kein bad im blut wie es die Römer lehren

Wie altersschwach despoten es begehren

Erneute kraft dem stumpfen leib gewinnt

Wo blutes statt der schlamm der Lethe rinnt.

Quelle:
George, Stefan: Baudelaire. Gesamt-Ausgabe der Werke, Band 13/14, Berlin 1930, S. 101-102.
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