[Die blume die ch mir am fenster hege]

[30] Die blume die ch mir am fenster hege

Verwahrt vorm froste in der grauen scherbe

Betrübt mich nur trotz meiner guten pflege

Und hängt das haupt als ob sie langsam sterbe.


Um ihrer frühern blühenden geschicke

Erinnerung aus meinem sinn zu merzen

Erwähl ich scharfe waffen und ich knicke

Die blasse blume mit dem kranken herzen.


Was soll sie nur zur bitternis mir taugen?

Ich wünschte dass vom fenster sie verschwände ..

Nun heb ich wieder meine leeren augen

Und in die leere nacht die leeren hände.

Quelle:
Stefan George: Das Jahr der Seele. Gesamt-Ausgabe der Werke, Band 4, Berlin 1928, S. 30-31.
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