XXII

[32] So werd ich immer harren und verschmachten

Die sonne steigt noch · meine fahrt wird schlimm.

»Gepeinigt wärest du von gleichem trachten

Auch wenn ich heut dir sagte: komm und nimm!


Denn du gedeihst in kämpfen die dir ziemen

Du weisst dass stets ein linder balsam fliesst

Von meinem munde auf die blutigen striemen

Doch ist dir niemand der sie dauernd schliesst«


Und die verehrend an mein knie getastet

Und die ich lenke mit dem fingerzeig

Und deren haupt an meiner brust gerastet?

»Die jünger lieben doch sind schwach und feig«


So ring ich bis ans end allein? so weil ich

Niemals versenkt im arm der treue? sprich!

»Du machst dass ich vor mitleid zittre · freilich

Ist keiner der dir bleibt · nur du und ich«

Quelle:
Stefan George: Der Teppich des Lebens und die Lieder von Traum und Tod. Gesamt-Ausgabe der Werke, Band 5, Berlin 1932, S. 32-33.
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