NACHT

[135] Gänge des tages sind weit.


Reisst der verworrene wald

Uns in vergessen so bald?

Hinter dem nächtigen zaun

Fasst uns des bannes geraun –


Uns dem versinken geweiht.


Bäume zu leuchtendem tor

Ragen als leitern empor:

Locken in pfadlosen wahn ·

Treiben in schimmernde bahn.


Wankt den umschlungnen der grund?[136]


Ist dies dein odem in mir ·

Luft aus des rausches revier

Was unsre leiber vermischt

Uns durch das finster verwischt


In einem schaurigen bund?


Horch eine stimme wird wach!

Blüten-umsponnenem fach

Heiliger brunnen entsprang ·

Sendet den einfachen sang


Klar durch das dickicht einher ..


Mahnt an lebendige lust

Uns: zu verfallen bewusst

Dunkelster trunkenheit ·

Uns: zu zerrinnen bereit


In einem träumenden meer.

Quelle:
Stefan George: Der siebente Ring. Gesamt-Ausgabe der Werke, Band 6 / 7, Berlin 1931, S. 135-137.
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Sämtliche Werke in 18 Bänden. Bd. 6/7: Der siebente Ring
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