DIE ROSE

Lenz und sommer sind so kurz.

Aus dem sonnigen reich der blüten

Ach welch tötend jäher sturz

In des herbst und winters wüten!..


Warum klagst und jammerst du?

Nach dem blühn kommt früchtetragen.

Reife reife immerzu

Und dir ist nicht grund zu klagen...[38]


Unzertrennlich arme rose

Ist dies ach mit meinem lose:

Nur im sommer darf ich prangen

Und wenn sich im herbst die bäume

Kräftig schön mit früchten füllen

Muss ich tief von scham befangen

Meines blühens frucht verhüllen ..

Nur vergangne süsse träume

Dürfen mir von ferne winken

Und in weh muss ich versinken.

Quelle:
Stefan George: Die Fibel. Gesamt-Ausgabe der Werke, Band 1, Berlin 1927, S. 36-39.
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