LXV

[71] Da erz und stein · land und endlose flut

Bewältigt wird von trübem erdentume –

Kommt schönheit je zu wort vor solcher wut

Mit einer macht nicht stärker als der blume?


O wie soll sommers honigduft noch wehn

In stürmischer tage unheilvollem prall ·

Wenn unbewegte felsen nicht bestehn

Und eherne tore in der zeit verfall?


O furchtbarer gedanke! Wo hat schutz

Der zeiten best juwel vorm zeitenstaub?

Welch starke hand beut schnellen füssen trutz?

Verhindert einer je der schönheit raub?


O nie! wird nicht dies wunder offenbar:

Aus schwarzer schrift strahlt meine liebe klar.[71]


Quelle:
George, Stefan: Shakespeare. Gesamt-Ausgabe der Werke, Band 12, Berlin 1931, S. 71-72.
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