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[11] Die stunden die mit holdem werk umziehn

Liebliche schau drauf jedes auge ruht

Entzieren was am zierlichsten gediehn

Und treffen ganz das gleiche ding mit wut.


Den sommer treibt die zeit die nimmer steht

Greulichem winter zu und tilgt ihn dort:

Saft dürr im frost und üppig laub verweht!

Schönheit vereist! Kahlheit an jedem ort!


Doch bliebe flüssig nicht in glases haft

Als geist zurück des sommers filterung ·

So wär mit schönheit auch der schönheit kraft

Geraubt – es schwände selbst erinnerung.


Doch geist der blumen · ob auch winter grüsse ·

Entbehrt nur form: es lebt die innre süsse.[11]

Quelle:
George, Stefan: Shakespeare. Gesamt-Ausgabe der Werke, Band 12, Berlin 1931, S. 11-12.
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