Vierte Szene


[43] Der englische Gesandte allein.


Der verwegne Schotte!

Selbst in dem Augenblicke noch bewahrt

Er seinen ungemessnen Stolz, wo er

Am Abgrund steht auf jener steilen Höhe,

Die nach dem kühnsten Wagnis er erstiegen,

Wo ihn im Handumdrehn des Glückes Spiel

Herniederreissen kann. An ihm erprobe

Ich meine Überredungskunst vergebens;

Soweit der Auftrag meiner Königin

Auf ihn Bezug hat wird's nicht möglich sein

Denselben auszuführen.

Dafür aber

Will ich in andrer Hinsicht desto besser

Ihm nachzukommen suchen. Die Barone

Von Tylibardein und von Arlington,

Vor allem auch Mariens eigner Bruder

Graf Moray, auch Glencair und Ashton sind

Auf unsrer Seite, und mit Klugheit werde

Ich sicherlich noch mehr herüberziehen.

Jetzt muss ich, eh mich noch die Königin

Empfangen wird, erst meinen treusten Diener

Und besten Förderer unsrer Sache suchen.[43]

John Craig vermag mit seiner Zunge mehr

Als fünfundzwanzig Lords mit ihren Schwertern.

Mit seiner Hülfe kann ich viel erreichen.

Zwar sehe ich mit jeder Stunde mehr

Ein, dass mein Auftrag, wenn auch ehrenvoll,

Nicht allzu sehr im Einklang scheint zu stehn,

Infolge seiner Grösse und Bedeutung,

Mit strenger Rechtlichkeit. Doch was soll ich

Hierum mich kümmeren? Man kann den Stein

Zur Rechenschaft nicht ziehn, der listig aus

Dem Hinterhalte abgeschossen ward –

Man such und richte den, der ihn geschnellt.

Ich bin von meiner Königin gesandt.

Was ich hier tu, tu ich in ihrem Willen,

Mein Amt ist's nur, ihn treulich zu erfüllen.


Ab.


Quelle:
George, Stefan: Phraortes, Graf Bothwell. Düsseldorf, München 1975, S. 43-44.
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