Vierte Szene.

[46] MOLOCHPRIESTER treten aus dem Todestor; ihren langen, gedehnten Rufen antworten Priesterstimmen aus der Ferne:

Es naht die Nacht! Fliehet den Hain!

Berget euch still und flieht den Tod! –

In eure Hütten schließt euch ein!

Fliehet den Hain, hier ist der Tod! –


Sie sind in der Dämmerung verschwunden.

[46] Das Dunkel wird stärker. Teut tritt mit Pfeil und Bogen aus dem Tor und läßt sich nahe demselben auf einem Steine nieder.


TEUT.

Nun sank das Licht, es steigt die Nacht,

Vom Walde weht's wie dunkle Trauer –

Es kam die Zeit – das Schweigen wacht –

Vom Meere schreitet bleicher Schauer:

Die Brandung singt das Totenlied,

Im Wald der Drossel letztes Klagen,

Ein Stöhnen durch die Lüfte zieht, –

O Qual der Nacht, und Zweifels Zagen!

Am Todeshain hüt' ich das Tor, –

Wer will dem Sinn Erleuchtung geben?

O Wahrheit, Sonne, steig empor!

Gieß aus dein Licht, ström nieder, Leben!


Eine weiche, durchsichtige Vollmondstimmung und tiefe Ruhe sind über Land und Meer gebreitet.


Quelle:
Max von Schillings: Der Moloch. Dichtung frei nach Fr. Hebbels »Moloch-Fragment« von Emil Gerhäuser, Berlin [1906], S. 46-47.
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