|
[311] 1.
Das ist mir lieb, daß Gott, mein Hort
So treulich bei mir stehet;
Wann ich ihn bitte, wird kein Wort
In meiner Bitt verschmähet.
Des schwarzen Todes Hand
Samt der Höllen Band
Umfingen überall
Mein Herz mit Angst und Qual;
Doch hat mir Gott geholfen.
2.
Ich kam in Jammer und in Not
Und sank fast gar zugrunde,
Und da ich sank, rief ich zu Gott
Mit Herzen und mit Munde:[311]
O Herr, ich weiß, du wirst
Als des Lebens Fürst
Schon führen meine Sach!
Und wie ich bat und sprach,
So ists auch nun geschehen.
3.
Sei wieder froh und gutes Muts,
Mein Herze, sei zufrieden,
Der Herr, der tut dir alles Guts,
Durch ihn ist nun geschieden
Und ferne weggebracht,
Was mich traurig macht;
Er hat mich aus dem Loch
Und schwarzen Todesjoch
Mit seiner Hand gerissen.
4.
Mein Aug ist nun von Tränen frei,
Mein Fuß von seinem Gleiten;
Das will ich sagen ohne Scheu
Und rühmen bei den Leuten.
Was gar kein Mensch nicht kann,
Das hat Gott getan.
Der Mensch ist Lügen voll,
Gott aber weiß gar wohl,
Wie er sein Wort soll halten.
5.
Ich glaube fest in meinem Sinn,
Und was mein Herze glaubet,
Das redt mein Mund in Einfalt hin:
Wer Gott vertraut, der bleibet.
Die Welt und böse Rott
Lacht des, mir zum Spott,
Ja plagt mich noch dazu;
Ich aber steh und ruh
Auf dir, mein Gott und Helfer.
[312]
6.
Du stürzest meiner Feinde Rat
Und segnest, wenn sie schelten,
Wie soll ich doch die große Gnad
Dir immer mehr vergelten?
Ich will, Herr, meines Teils
Den Kelch deines Heils,
Der voller Bitterkeit,
Doch mir zu Nutz gedeiht,
Gehorsamlich annehmen.
7.
Was du mir zugemessen hast,
Das will ich gerne leiden;
Wer fröhlich trägt des Kreuzes Last,
Dem hilfst du aus mit Freuden.
Du weißt der Deinen Not
Und hältst ihren Tod
Sehr hoch, sehr lieb und wert,
Auch läßt du auf der Erd
Ihr Blut nicht ungerochen.
8.
So zürne nun gleich alle Welt
Mit mir, Herr, deinem Knechte:
Du, du deckst mich in deinem Zelt
Und reichst mir deine Rechte.
Darüber will ich dich
Allstets inniglich,
So gut ich immer kann,
Mit Dank vor jedermann
In deinem Hause preisen.
Ausgewählte Ausgaben von
Gedichte
|
Buchempfehlung
»Was soll ich von deinen augen/ und den weissen brüsten sagen?/ Jene sind der Venus führer/ diese sind ihr sieges-wagen.«
224 Seiten, 11.80 Euro
Buchempfehlung
1799 schreibt Novalis seinen Heinrich von Ofterdingen und schafft mit der blauen Blume, nach der der Jüngling sich sehnt, das Symbol einer der wirkungsmächtigsten Epochen unseres Kulturkreises. Ricarda Huch wird dazu viel später bemerken: »Die blaue Blume ist aber das, was jeder sucht, ohne es selbst zu wissen, nenne man es nun Gott, Ewigkeit oder Liebe.« Diese und fünf weitere große Erzählungen der Frühromantik hat Michael Holzinger für diese Leseausgabe ausgewählt.
396 Seiten, 19.80 Euro