Dritter Auftritt.

[13] Milon, die vorigen.


MILON. O das dacht ich, du werdest Evandern hier finden. Evander gewinnt in allem, im Ringen, im Wett-Lauf, im Singen, und bey den Mædchen. Evander! du hast schon manch schœnes Lamm gewonnen.

ALCIMNA. Das wissen wir ja schon.

MILON. Ich muss des einfæltigen Battus lachen, dass er mit dir, dort bey der alten Eiche – –

ALCIMNA. Daryber haben wir schon lange ausgelacht. Aber – – was willst du denn hier?[13]

MILON. O sey doch freundlich! Ein guter Blik von dir, ist – – –

ALCIMNA læchelt ihn spœttisch an. Da hast du ihn; izt geh – – –

MILON. So spœttisch! Lass mich dir nicht so unwerth seyn; ich muss dir ein Lied singen, das ich heute fryh – – –

ALCIMNA. Wenn ichs aber nicht hœren will.

MILON. So sing ichs doch.

ALCIMNA. So halt ich die Hænde vor die Ohren.

MILON. Du magst kœnnen was du willst, Evander, so kannst du mich doch im Flœten nicht ybertreffen; ich habe eine hier; diese[14] da; ich hab sie erst vorgestern geschnitten; die tœnt fyrtreflich; ich habe schon zwo Ziegen darmit im wetten gewonnen; und ich will dich gewiss ybertreffen; da hœre – – –

EVANDER. Ich glaub es, so lang ichs nicht hœre.

MILON. O! ich wette die beste Ziege.

ALCIMNA. Und ich die ganze Herde, dass du der beschwerlichste Mensch bist im ganzen Land; wirst du denn ewig schwazen? Du bist wie ein Ast voll Dœrne, der sich dem Vorybergehenden anhængt; du schleppst dich immer mit.

MILON. Ich glaube bald, ihr wollt allein seyn.

EVANDER. Du hasts langsam errathen.[15]

MILON. So geh ich. Er geht ab, und kœmmt wieder. Nun, ich habe noch was rechtes vergessen; ich muss euch was erzehlen: Gestern, die Sonne war schon im Meer, da gieng ich am Ufer, und – – –

ALCIMNA. Ists noch nicht zu Ende?

MILON. Zu End, eh' ich angefangen habe. Nun da ich am Gestad war, da sah ich Asphalion, den Fischer; er hieng eben sein Neze auf, der sprach, er habe vor Sonnen-Untergang fynf grosse Schiffe auf dem hohen Meer gesehen, und er glaube, sie werden an unserm Ufer landen, wenns nur nicht – – –

ALCIMNA. Aber – – – – sie mœgen immer an unserm Ufer landen. Du vergissest ja immer zu gehen.[16]

MILON. So seyd denn allein. Er geht.


Quelle:
S[alomon] Gessner: Schriften. Band 3, Zürich 1762, S. 13-17.
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