[17] Evander, Alcimna.
ALCIMNA. Ist er auch gewiss weg, der Schwazhafte? Sie sieht sich um. Ja; und sollt er auch hinter jenem Gebysche noch horchen, was hinderts mich, mein Geliebter! dir's zu sagen, dass nach deiner Gegenwart mich mehr verlangt hat, als die Zeisig zu ihren Jungen zurykverlangt, wenn ein muthwilliger Knab auf dem Felde sie fieng; er mag ihr liebkosen wie er will, so sizt sie traurig da, und lauert wie sie entwischen kœnne; sie flieht mit nicht begierigerer Eile ihren Jungen zu, als ich dir zuflog, da Milon mich aufsieng, und ich ihm entwischte.[17]
EVANDER. O meine Geliebte! wie bin ich beglykt, dass du so mich liebst! Als ich hieher gieng, an jenem Rosen-Zaun vorbey, siehe, da fand ich diese Rosen, so neben einander gewachsen, und Brust an Brust zugleich aufgeblyhet. Vereint streuen sie die syssen Geryche umher, vereint werden sie verwelken. Pflanze, meine Geliebte! pflanze dies Bild unsrer Liebe vor deinen Busen.
ALCIMNA. Ja, ich pflanze sie vor meinen Busen; sieh! wie schœn sie stehen. So blyheten wir neben einander auf.
EVANDER. So vereint wollen wir unsre Stunden leben; sie werden lieblich seyn wie Rosen-Geryche.
ALCIMNA. So werden wir neben einander verblyhen.[18] Aber sag mir: Hast du mich lang erwartet?
EVANDER. Nein; aber mir ist, wenn ich dich nicht sehe, jede Minute viel zu lang.
ALCIMNA. Ich war recht erschroken, als ich, da ich dort bey jenen Buchen voryber hypfte, den Milon fand; er war mir so werth, wie die Hummeln den Bienen sind. Er stand da mitten im Weg. Jedes Mædchen, sprach er, das diese Strasse gehen will, muss mir hier einen Kuss geben; so lass mich doch gehen, sprach ich unwillig; aber er hætte mich bis izt nicht gehen lassen; sieh, sprach ich da, wem gehœrt wol jene weisse Kuh, die dort im Sumpf wattet, die hat sich gewiss verirrt; und da er hinsah, da hypft ich hinter ihm weg; und ich war schon weit, noch eh[19] er den Betrug gemerkt hat; und da lief der beschwerliche Mensch mir nach. Aber du stehest so tiefsinnig da.
EVANDER. Ich?
ALCIMNA. Ja du, du staunest, als hættest du was zu sagen, das du nicht gerne sagen willst. Mache mich nicht unruhig.
EVANDER. Ich – – – Ich weiss nicht, ob ichs sagen soll.
ALCIMNA. Ich werde unruhiger seyn, wenn ichs nicht weiss.
EVANDER. Mich machen die Zœgerungen, die mein Vater immer den sehnlichsten Wynschen unsrer Liebe giebt, unruhig. Es scheint, als wich er es aus, mich allein zu[20] sehen; und wenn er mir nicht entwischen kann, und ich ihm von unsrer Liebe rede, dann scheint er bestyrzt, und antwortet mit abgebrochenen Reden.
ALCIMNA. Mir ist bange; meine Mutter machts eben so.
EVANDER. Heute hat er von den Erstlingen der fynf Bæume, die er gepflanzt hat, da ich den ersten Fryhling erlebte, den Gœttern geopfert; ich kam von ungefehr dahin, wo er opferte, und, um seine Andacht nicht zu stœren, blieb ich im Gebysche stehen, und da hoert' ich ihn so zu den Gœttern betten: Ihr gutthætigen Gœtter! Hœret mein Gebett, und nehmet dies mein Opfer gnædig an. Seyd gnædig meinem Sohn, und lasst die wunderbaren Schiksale, die auf ihn warten, glyklich[21] seyn! Er bettete noch mehr; aber ein Wind machte die Blætter des Gebysches rauschen; und da verstand ich nicht mehr.
ALCIMNA. Ich erstaune; wie sehr wynsch ich, dass die Gœtter sein Gebett erhœren.
EVANDER. Was auch fyr Schiksale auf mich warten; die Gœtter geben, dass es gute sind! so wird deine Liebe allein mich zum Glyklichsten machen.
ALCIMNA. O mein Geliebter! Lass traurige Gedanken uns nicht unruhig machen; lass uns ein Unglyk nicht trybe Stunden machen, dass vielleicht nimmer kommen wird. Ermuntre dich, lache mich an; Hœre, wir wollen das Lied singen, das wir so gegen einander singen.
EVANDER. Bey dir vergess ich jeden Gram, Fang[22] an; du singest zuerst.
ALCIMNA. Nun ich fang an:
Was bin ich, mein Geliebter!
Was ohne dich?
Was ohne Thau und Sonne
Die Blythen sind.
Sie trauern da, und sterben,
Der Fryhling traurt;
Und Munterkeit und Freude
Fliehn von der Trift.
EVANDER.
Mir ist, mir ist die Liebe
In deinem Arm,
Was Morgen-Thau und Sonne
Den Blythen sind.
Sie schmyken jede Staude,
Der Fryhling lacht;
Und Munterkeit und Freude
Umhypft die Trift.
[23] Beyde.
Ich will dich ewig lieben,
Das schwœr' ich bey den Fluren,
Beym heilg'en Hain!
Hœrt Nymphen, hœrt die Schwyre!
Ich schwœr' es bey den Fluren
Beym heil'gen Hain!
ALCIMNA.
Wie wenn der œde Winter
Mit Frost und Schnee
Die kleine Biene traurig
Zur Zelle jagt;
Wie sie da sizt und trauert
Den Winter durch;
So traur' ich, bist du ferne,
Die Stunden durch.
EVANDER.
Wie wenn zur traur'gen Zelle
Die Sonne stralt,
Und dann, erwacht, die Biene
Zur Oefnung eilt;
[24]
Wie sie des Fryhlings Wonne
Entzyket sieht,
So, seh' ich deine Wonne,
Bin ich entzykt.
Beyde.
Dich will ich ewig lieben,
Das schwœr ich bey den Fluren,
Beym heil'gen Hain!
Hœrt Nymphen, hœrt die Schwyre!
Ich schwœr' es bey den Fluren
Beym heil'gen Hain!
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Evander und Alcimna
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