[46] Der Adler raubt und frißt gar viel;
Der Adel trieb ein arges Spiel.
Der Bär liegt auf der Bärenhaut,
Der Bundestag ist bald ergraut.
Ein Carcer ist ein finstres Loch;
Ein Mensch sogar wird Censor noch.
[47]
Das Denken, oft dem Denker schadt's;
Der Dummkopf lebt in bona pac'.
Das Eichhörnchen hüpft froh und nett;
Von Eisen fertigt man die Kett.
Zum Flügel thuen Federn noth;
Die Freiheit gab der liebe Gott.
Nicht gut ist oft Gold, Glanz und Gunst,
Göthe that viel für die Kunst.
[48]
Der Herr zum Hund spricht: ducke dich!
Wer Herz hat, hebt zum Himmel sich.
Die Ironie schafft Manchem Qual;
Iesuiten sind mein Ideal.
Der König hat die Krone auf;
Die Krankheit geht den alten Lauf.
In freier Luft die Lerche singt;
Das Lastthier auf der Erde hinkt.
[49]
Millionen lenkt die Majestät;
Nach Mitternacht zeigt der Magnet.
Die Noth bricht Eisen, heißt der Spruch;
Nun, Zweifler, sagt das nicht genug?
Die Ochsen, die sind nicht gescheidt;
O schreit man, es ist noch nicht Zeit!
Der Pudel geht im Pelz umher;
Ich haß' Pedant und Philister:
[50]
Suchst du die Q im Menschenstall,
Du find'st kaum mehr als Quark und Qual.
Rückwärts geht immer nur ein Thor;
Revolutionen kommen vor.
Das Schaf, das schweigt, wenn man es scheert;
Zur Schlacht benutzt man oft das Schwert.
Trompet' und Trommel lustig tönt;
Der Teufel nur der Thränen höhnt.
[51]
Vom Uebel ist, was drüber ist,
Und daß dies unten man vergißt.
Die Vettern und Verwandten sind
Von Vortheil immer noch, mein Kind!
Wahrheit verfliegt nicht in der Luft;
Wer nicht sein Wort hält, ist ein Schuft.
Der Zügel nützt bei Pferden viel;
Der Geist der Zeit kommt doch zum Ziel.
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Im Jahre 1758 kämpft die Nonne Marguerite Delamarre in einem aufsehenerregenden Prozeß um die Aufhebung ihres Gelübdes. Diderot und sein Freund Friedrich Melchior Grimm sind von dem Vorgang fasziniert und fingieren einen Brief der vermeintlich geflohenen Nonne an ihren gemeinsamen Freund, den Marquis de Croismare, in dem sie ihn um Hilfe bittet. Aus dem makaberen Scherz entsteht 1760 Diderots Roman "La religieuse", den er zu Lebzeiten allerdings nicht veröffentlicht. Erst nach einer 1792 anonym erschienenen Übersetzung ins Deutsche erscheint 1796 der Text im französischen Original, zwölf Jahre nach Diderots Tod. Die zeitgenössische Rezeption war erwartungsgemäß turbulent. Noch in Meyers Konversations-Lexikon von 1906 wird der "Naturalismus" des Romans als "empörend" empfunden. Die Aufführung der weitgehend werkgetreuen Verfilmung von 1966 wurde zunächst verboten.
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