Das Möpschen

[14] Du liebes kleines Möpschen,

Wie hast du mich gefunden?

Komm her! auf meinem Schosse

Will ich dich sanfte streicheln,

Und du sollt mir erzälen,

Warum du mich besuchest.


Mein Herr hat mir dis Zimmer

Und dieses Haus gewiesen,

Und schikkt mich her zum Wächter.


Was sollt du denn bewachen?[14]

Euch selber, schöne Nimfe,

Ihr sollt mit keinem andern

Als mit Filemon sprechen,

Mit keinem andern scherzen,

Mit keinem andern spielen;

Und wenn ihrs etwa thätet:

So soll ich um mich beissen.

Ich bin ein treuer Diener,

Drum hütet euch vor Bisse.

Ich leide keinen Fremden,

Der euch die Bakken streichelt,

Der sich mit seinen Lippen

Auf eure Lippen drükket,

Und dann zurükke ziehet

Und eure Hände drükket.


Wenn aber eine Freundinn

In einem langen Kleide

Mein Schlafgemach besuchet,

Wirst du es auch nicht leiden,

Wenn ich ihr was verstatte?


Davon hat mich Filemon

Nicht völlig unterrichtet.

Geschwinde laßt mich laufen,

Ich will ihn drum befragen.

Quelle:
Johann Wilhelm Ludwig Gleim: Versuch in scherzhaften Liedern und Lieder, Tübingen 1964, S. 14-15.
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