Siebenzehntes Kapitel.

Von der Haselstaude magnetischer Wirkung in Erfindung der Metalle in den Bergwerken, wie und wann die Glücksruthe müsse gebrochen und gebraucht werden; auch wie ein Bratspieß von sich selber herumlaufen könne?

[257] Alles Erz und Metall, als Gold, Silber, Kupfer, Eisen, Zinn und Blei liegen in der Erde, als in dem Schatzkasten Gottes verborgen. Solche gibt Gott, der oberste Bergmeister, aus seiner göttlichen gnadenreichen Hand wann, wie, wo und wem Er will. Keiner wird selbige aus seiner eigenen Kunst, Fleiß, Müh, Kraft noch Macht finden, der keinen Schlüssel zu dem Kasten hat, sondern er muß durch ein andächtiges Gebet von Gott die Eröffnung erlangen, welcher alsdann den Schatz aufschließt und seine allmächtige Kraft durch Mittel anzeigt, maßen[257] er auch in die Bäume und Stauden wunderliche Kraft und Wirkungen eingepflanzt. Was hat Moses für Wunder mit seiner Ruthen gestiftet? Er hatte das Wort Gottes in seinem Mund und die Ruthe in seiner Hand, dadurch er das Wasser aus einem harten Felsen herausgebracht, der auch mit dem Holz das bittere Wasser in Mara hat süß gemacht. Ein unscheinbares Mittel muß Wunder thun. Die Hand des Glaubens klopft niemals am Himmel vergeblich an. Ein Stücklein Holz muß das Wasser süß machen. Was vor eine Verwandtschaft hat das Holz mit dem Wasser? Was vor eine Kraft hat das, das keinen Geschmack, die Bitterkeit zu benehmen? Darum soll Niemand die Mittel verachten, wenn er nur den Urheber erkennt. Eben derselbe Stab, der die Plagen über Egypten gebracht, der bringt Israel Erlösung; durch einerlei Mittel weiß Gott selig zu machen und zu verdammen, gleichwie eben ein Schwert beschützt und tödtet.

Die Hand und der Stab Mosis bewegten sich niemals umsonst. Eine jedwede Kreatur hat ihre gewisse Kraft. Gott der Herr zeigte Adam an, von welchem Baum oder Holz er essen oder nicht essen sollte. Aarons Ruthe blühte und trug auf Gottes Willen Frucht. So hat auch Elisäus mit einem Stab die Todten erweckt.

Durch solche Wunderwerke Gottes hat der Nachaffe, der böse Feind, zum großen Mißbrauch aber durch einen blauen Dunst oder Verblendung sich dergleichen bedienen wollen, als an dem[258] Stab Mercurii, damit dieser Götterbot die Seelen aus der Hölle und wieder hineinführen, den Schlaf geben und nehmen, Thüren aufschließen und andere Werke verrichten könne.

Mit diesen und dergleichen Zauberstücken haben wir allhier nichts zu schaffen, sondern unser Zweck allhier ist nur zu beweisen, was Gott vor wunderbare unbegreifliche Geheimnißwerke, vor eine heimliche und verborgene Kraft, Tugend und Eigenschaft in die Steine, Edelsteine, Gold, Eisen und alles Erz, Kräuter und andere Dinge eingepflanzt, indem ein jedes heimliche Atomos oder Dünste von sich gibt, welche, wenn sie durch Reiben erwärmt oder durch Feuer angezündet werden, einen empfindlichen Geruch von sich geben und in dem Leib stärker wirken. Dieses laßt uns abmerken von den Rädern am Wagen, welche, wenn sie schnell und rasch umgetrieben werden, sich erhitzen und Feuer von sich geben. Deßgleichen, wenn die Pferde mit den Hufeisen geschwind schlagen, daß das Feuer herausspringt, ja ein heimlicher Dunst von allen Dingen wird stets in der Luft herausgetrieben und zertheilt, also ist auch in einige Hölzer besondere Kraft und Tugend eingepflanzt, und zwar unter Andern in die Haselstauden, von deren Kraft und Wirkung, außer allem Mißbrauch, dieser Diskurs angestellt ist.

Von den Sachen, die so viele Antagonisten oder Widersprecher und Anfeinder haben, ist gar schwer ein schlüssiges Urtheil zu fällen, gleich diese gegenwärtige Materie von der Wünschelruthen[259] viele Anfechter hat, welche ungescheut vorgeben, sie sey unnatürlich, betrüglich, unerlaubt und unzulässig, wegen des Aberglaubens und unterlaufender heimlicher List des Teufels, welches sie aus diesen Ursachen behaupten: Es sey der Glücksruthen Zeugemutter die Haselstaude, fürnemlich diejenige, darauf Mistel oder Buchsbaum wachse, sie müsse auf eine gewisse Zeit des Jahres, in einer gewissen Stunde des Nachts, auf gewisse Weise und mit gewissen Worten gebrochen oder mit einem besondern Messer von dergleichen Metall geschnitten werden, der Abbrecher müsse ein reiner Knabe seyn, Johannes heißen, der weder Erz, Eisen noch andere Metalle bei sich trage und mit Niemand als mit der Ruthen, die er bricht, reden dürfe, daher vergleichen sie die Glücks- oder Wünschelruthe den egyptischen Zauberern, so mit ihren Stäben Schlangen machen wollten.

Nun gestehe ich selbst, daß wenn diese und dergleichen Umstände bei deren Abbrechung und Gebrauch erfordert würden und geschehen müßten, freilich das ganze Werk vor verdächtig, vor unnatürlich, vor, zauberisch, vor betrüglich zu halten wäre. Gleichwie ich aber fest dafür halte, daß es diesen Widersprechern wie denjenigen ergehen möchte, welche die wunderbare Wirkung der magnetischen Kuren ganz über den Haufen werfen. Also hab ich mir fürgenommen, ihnen den irrigen Wahn in etwas zu benehmen, oder doch aus guter, ganz unverfänglicher Meinung sie in etwas zu besänftigen.[260]

Daß keine Ceremonien, kein Aberglauben, ja nichts Verdächtiges hierunter sey, und daher sichs nicht geziemen wollte, daß man um der Schwachheit des menschlichen Verstandes willen, die in der Natur geoffenbarte Herrlichkeit Gottes übel ausdeuten oder von ungewöhnlichen Dingen übel urtheilen wolle. Wer aber vermeint, er wolle oder könne die große von Gott in die Natur gelegte Kraft mit seinem Verstand ermessen, der ist in Wahrheit ein Narr und steckt ganz voller närrischen Einbildung. Sehr wohl sagt Augustinus: Viele Dinge erkennt man, daß sie seyn, und weiß doch nicht, was sie sind? Und wiederum: Viele Dinge kennt man, daß sie sind, und weiß doch nicht, was sie sind? Maßen man über dieses einigen Holzes wunderbarer Wirkung und über die Verborgenheiten der Natur fast erstaunen muß.

Der Wünschel- oder Glücksruthen Zeugemutter ist ein zweispältiger, zweizüngiger oder zwieselichter Zweig von Haselstauden, welchen uns die Natur mit der Form darreicht, davon entspringt die Kraft und der Nutzen, wenn man ihn ohne Beschwerniß, ohne Aberglauben, Sommerszeit in dem Mai oder hernach Mittags, wenn die Sonne im höchsten Grad ist, Anfangs des zunehmenden Monds unterwärts abbricht, um durch eine natürliche, verborgene oder vielmehr magnetische Kraft, Sympathie oder Verwandtschaft mit dem Metall den Ort, wo verborgene Schätze oder Metalle in den, Bergen liegen zu erfahren und zu eröffnen.[261]

Eichholz, Prediger auf dem Cellerfeld, hat die Wünschelruthen überaus stattlich herausgestrichen, selbige geistlicher Weise ausgelegt, schön erklärt und nennt sie ein Wunder der Natur; eine natürliche Wunderneigung eines zu dem andern. Darum sollen wir solcher in der Natur uns zum Theil verborgenen Geheimnisse zu Gottes Ehre, Lob und Preis gebrauchen.

Die Alten haben dem erdichteten Fortunato einen göttlichen Hut zugeeignet, wenn er damit bedeckt gewesen, hätte er alles, was er gewünscht, erhalten können, aus welchem Gedicht des Fortunati Wünschhütlein entstanden. Wünsch- oder Goldruthe wird sie genennt vom Wünschen, weil sie solche Sache ohne Mühe zeigt, welche das menschliche Gemüth am meisten wünscht und begehrt, nämlich das Metall. Was ist beliebter als Gold? Oder ist soviel als Windesruthe, weil sie sich in der Hand wunderlicher Weise windet und krümmt, so sie Metall vermerkt.

Aus dieser Beschreibung erhellt erstlich, daß die Ruthe insgemein von einer Haselstauden gebrochen werden müsse, dabei keines Mistel- oder Buchsbaums gedacht wird. Wenn Paracelsi Meinung richtig ist, daß ein jeder Baum mit einem besondern Metall verwandt sey, so müsse durch dessen besondere Ruthe solches auch gesucht werden. Als mit der Haselstauden soll das Silber eine Vergleichung haben, wie das Eschenholz mit dem Erz oder Kupfer, die wilden Tannen mit dem Blei, sonderlich aber zu dem weißen. Zum Gold erwählen etliche Ruthen von Eisen[262] oder Kupfer, damit ein Metall das andere suche. Es halten aber die alten Philosophen dafür, daß alle Metalle aus einer Wurzel, Materie und Grund entspringen, sonst wären sie nicht homogenea oder consanguinea, nahe Blutsverwandten, wie sie reden und stimmen aller Meinung dahin, daß die Metalle aus Sulphure und Mercurio, darin Salz verborgen liege, gezeugt würden. Erstlich würde Blei, dann Zinn, hernach Silber, alsdann Kupfer, endlich Eisen und Gold.

Zum andern wird eine gewisse Zeit des Jahrs im Abbrechen erfordert, nämlich Mittags im Sommer bei hellem Wetter, wenn der Saft und die Kraft in den Bäumen am stärksten zu seyn pflegt, um welche Zeit alle Medici, Apotheker und Chirurgen die Kräuter gemeiniglich zu sammeln pflegen, aber keineswegs in der Nacht. Wiewohl einige dafür halten, daß die Ruthe Morgens vor Sonnenaufgang soll abgebrochen werden, welches eines jeden Gutbefinden frei anheim gestellt seyn kann, sonst weiß man von keinem gewissen Aspect des Himmels oder von gewissen Tagen oder Beiwörtern.

Zum dritten muß die Ruthe freilich auf gewisse Weise abgebrochen oder geschnitten werden. Ich halte vom Brechen mehr als vom Schneiden und zwar unterwärts oder unten nieder, weil die Wirkung unter sich gehen muß. Die Haselstaude muß wie der pythagorische Buchstabe Y oder wie das lateinische V gespalten oder zweisprössig seyn, oder zwei gerade übersich stehende[263] Zacken haben und unter dem Knopf abgebrochen werden. Die Kraft ist in den Zacken zertheilt, bei Zusammenlaufung aber der Reislein vereinigt sich die Kraft in dem Knopf, worin die stärkste Wirkung begriffen.

Die Kraft ist schon von Natur gemacht, man muß aber der Natur zu Hilfe kommen.

Zum vierten muß die Ruthe auf eine gewisse Weise in beiden Händen gehalten werden, denn am Handgriff ist viel gelegen, gleich ich solches, nur ein Stück Golds unter den Hut legend, mit vieler Beiwesenden Verwunderung in meiner Jugend auf der Reise unsern Frankfurt probirt habe. Dergleichen Wünschelruthen wissen die Bergleute in Erfindung der Metalle zu gebrauchen. Es müssen die beiden Zweige der Ruthen mit beiden fest zusammen gemachten Fäusten, also daß die Finger in die Höhe zu stehen kommen, gefaßt werden, damit der Kopf oben kommt. Hernach muß der Träger Schritt vor Schritt gehen und sich bisweilen zur Erde hinbücken, damit die magnetische Kraft desto eher solche Ruthe ergreife und fester bewege. Wenn nun der Fuß eine Bergader berührt, so dreht sich der Knopf oben hernieder, gleich als ab die Ruthe gebracht würde und alsdann eine Bewegung erweckt, wenn der Knopf vorhin wider die Natur übersich gestanden, er sich aus natürlicher sympathischer Begierde wieder dahin neigt, woselbst er vorhin seine Kraft und Saft, nämlich aus dem Metall, spürt und findet, gestalt es auch durch des Metalls Anhauchen Dämpfe oder Düfte[264] gezogen wird, daß sichs in des Trägers beiden Händen wider seinen Willen getrümmt, nach dem Metall hinlenken muß. Je fester man die Ruthe hält, desto mehr und stärker neigt, beugt und rührt sie sich. Eben dergleichen magnetische Kraft soll ein Kraut in den Inseln Bengalen und Ceylon, häufig gefunden, haben, welches, wenn man es zwischen zwei Hölzer auch ziemlich weit voneinander legt, selbige an sich und zusammen zieht, daß man auch solchen starken Zug mit keiner Gewalt verhindern kann. Man hat aus der Erfahrung beobachtet, daß wenn die Blätter und Kräuter im Frühling eine blaulichte oder andere Farbe haben, man daher eine Vermuthung einer darunter verborgenen Erzgruben schöpfe, also daß auch aus der Ausdämpfung zuweilen der Bäume Wurzeln verderben. Ja es ist auch das Gras so schön grün nicht und die Früchte nicht so lieblich.

Daher zum fünften hiebei zu beobachten, daß nicht alle Haselstauden diese Wirkung von sich werden spüren lassen, bevorab diejenigen, welche an sumpfigen Orten stehen, sondern die Ruthen müssen gebrochen werden an erhöhten metallischen Orten, daß sie mit den Adern, wo sie gestanden, eine Sympathie und genaue Verwandschaft und deren Saft und Kraft vorher an sich gezogen haben, maßen den Bergleuten genugsam bekannt ist, daß wenn sie die Erzgrub-Erde oder metalischen Grund zu den Haselstauden schütten, sie alsdann viel schöner und höher aufwachsen, welches alles der Natur gemäß ist.[265]

Zum sechsten muß und soll ein Bergmann neben der Arbeit fleißig beten und Gott flehentlich anrufen, ein mäßiges und keusches Leben führen. Ein ehrlicher, aufrichtiger Bergmann gebraucht im Abbrechen keine Segenwörter, viel weniger einer bezauberten Wünschelruthen, sondern betrachtet, lobt und rühmt die wunderbaren Geheimnisse Gottes und versichert sich, daß Gott durch Erfahrung natürliche Mittel in den Thieren, Erdgewächsen, Kräutern, Metallen und dergleichen zu nähren, zu kleiden, zu erhalten, bei Gesundheit, Kräften und Stärke zu fristen und die Krankheiten zu heilen, uns Menschen aus Gnaden verliehen habe. Maßen in fleißiger Nachforschung und Erkundigung derselben sich die wunderbare Unbegreiflichkeit und geheimnißreiche Größe und Herrlichkeit der Werke Gottes offenbart. Es ist keine geringe Gnade Gottes, uns zu Zeugen seiner großen Werke zu machen, der Unglaube aber ist betrüglich und zugleich närrisch. Betrüglich in seinem Vorbringen, närrisch in seiner Einbildung. Kein Grund, keine Vernunft, kein Sinn, keine Erfahrung vergnügt ein unglaubiges Herz. Man glaube nur seinen Händen und Augen, alsdann kann man auch den Ohren trauen.

Wie sieht man doch die Natur in vielen andern Dingen so wunderlich spielen. Was thut die Erlenruthe nicht ohne natürliche Zuneigung? Die Erle wächst gern an sümpfigen Orten, davon sie ihre besondere Nahrung hat. Daher erfinden die Quellensucher mit dieser Erlenruthe[266] das verborgene Wasser, nach welcher Feuchtigkeit eine solche in die Hand genommene Ruthe, durch ihre natürliche Sympathie oder Zuneigung, sich lenkt, dieweil besagtes Holz die Wasserluft begierig an sich zieht, maßen man Exempel hat, daß wenn ganze Erlenwälder sind abgehauen worden, das Wachsthum voriger Bäume aufgehört und der unterirdische Saft nicht mehr in das Holz gehen können, an selbigen Orten große stehende Wasser und Seen hervorgekommen seyen.

Eine solche Verwandtniß hat das Erlenholz mit dem Wasser, daher hält sich gleiches mit gleichem, wenn die Erlenruthen aufs Wasser weisen. So ist auch bekannt, daß das Erlenholz außerhalb dem Wasser gar weich, im Wasser aber nimmermehr verderbe, sondern fest, stark und gleich wie steinig werde, daher auch die ganze Stadt Venedig darauf gegründet seyn soll.

Kircherus berichtet: Wenn eine Pflanze eine natürliche Neigung zu metallischen Orten habe, so nehme sie die Natur und Eigenschaft desselben Metalls, über welchem sie wachse, an sich, indem sie die Nahrung, so aus dem metallischen Dunst oder Ausdämpfung der Atomorum per inspirationem insensibilem kommt, durch die Kraft eines natürlichen Appetits, als etwas, das mit ihr übereinkomme, an sich ziehe, wie denn eine merkliche Sympathie ist unter den Gewächsen und Metallen, gleich einer Haselstauden gebrochener zweisprossiger Zweig, eine magnetische Empfindung nach seinesgleichen, dem Metall[267] haben und sich nicht anders als der Magnet nach dem Eisen lenke.

Hingegen spricht man, daß zwischen der Haselstaude und der Schlange eine große Antipathie oder Widersinnlichkeit sey, und wenn man die Schlange mit einer Haselstaude rühre oder schlage, so empfinde sie eine große Erstarrung. Wie denn die Haselruthe eine Verwandschaft hat mit den Metallen, dergleichen mehr Gewächse und Bäume haben, so sich zu etwas besonders entweder halten oder davon fliehen, wovon wir anderwärts Exempel beifügen werden. So wenig Zauberei nun bei diesen ist, so wenig kann auch der Wünschelruthen (außer dem Mißbrauch) beigemessen werden.

Daß der Donner mit den tief in der Erde gelegenen Metallen eine Eigenschaft habe, davon wissen die Bergleute zu reden, welche bei dem Donnerwetter auf ein gegebenes Zeichen sich retiriren müssen. Wir wollen allhier nicht sagen, wie die Natur in den Gebirgen spiele, sondern erzählen, wie es merklich und mit Luft der Anschauer anzusehen sey, wenn man kleine Vöglein an einen geraden Haselstecken steckt und an beiden Enden füglich zu dem Feuer legt, sie sich selbst freiwillig herumdrehen, solange bis die Vögelein genugsam gebraten. Porta stellt die Ursache dieser ungewöhnlichen Bewegung mit folgenden Worten vor: Wenn keine Diener oder Knechte vorhanden, welche den Spieß umkehren und man gern haben wollte, daß sich das Vögelein selbst brate, so mag man folgende Kunst[268] gebrauchen. Man stecke ein Zaunschlüpferlein an ein Haselspießlein, so wird es sich bei untergelegten glühenden Kohlen selbst umdrehen, welches von der Eigenschaft des Holzes entsteht und dem Vögelein mit nichten beizumessen ist. Denn wenn man unter eine Haselruthe Feuer legt, so wird sie zusammengedreht, daß es scheint, als ob sie sich selbst bewege. Man mag auch alsdann ein Stück Fleisch, welcher Art es auch sey, daran stecken, wenn es nur nicht zu schwer ist, so wird es sich freiwillig bewegen und umdrehen. Woraus erhellt, daß die Ursache oft gemeldter Wirkung nicht das Vögelein, sondern die natürliche Beschaffenheit der Haselruthe sey. Weil eine Ruthe von einem andern Baum solche Kraft nicht hat, daß das Vögelein daran umgedreht werde, da im Gegentheil die bloße Haselruthe, wenn sie gleich einem Bratspießlein auf Stützlein gelegt und zum Feuer gethan wird, sich umdreht, obgleich kein Vögelein daran ist. Die Haselruthe hat inwendige durchgehende Zäserlein, wenn sie recht warm geworden, zieht sie sich heftig zusammen, auf welche Zusammenziehung, vermittelst einer elementarischen Eigenschaft, die Umdrehung erfolgt.

Noch ein lustiges Kunststücklein von der magnetischen Kraft ist folgendes: Als ich jüngst in Zelle war, hatte der Baron von Gieselberg die vier Zeiten des Jahrs sehr schön und subtil auf das Papier gemalen, selbige ließ er auf einer gespaltenen Pomeranze nach der Sonnen Lauf mit meiner Verwunderung herumlaufen. Auf[269] mein Befragen sagte mir der Herr Baron, es wachse aus dem schwarzen Haber ein Stänglein wie eine Schweinsborste, auf selbiges Stänglein steckte man das gemalte Papierchen mit Wachs angemacht, so lauft es mit der Sonne herum, wie ich gesehen habe. Porta sagt, daß man in der Gerste Aehren von wilden Halmen finde, die schwarz seyn und umgedreht, wie die Füße der Heuschrecken sehen, wenn man ein solches Körnlein mit Wachs an eine Messer spitz oder sonst einen spitzigen Stift anklebt und etliche Tröpflein Wassers gelinde darauf fallen läßt, daß es feucht wird, so dreht sichs um wie eine Lautensaite, und wenn man ein Papierlein daran klebt, so richtet sichs auf. Oder wenn man einen Pfennig darauf klebt, dreht sich derselbe auf der Spitzen.

Weil nun die Aberglaubigen viel Alfanzerey sowohl mit der Wünschelruthen als anderen in der Natur verborgenen Dingen treiben, als werden selbige bei andern leicht in Verdacht gezogen. Alles solchen Mißbrauchs hintan gesetzt, so sage ich mit Erasmo: Es seyen Dinge, welche die Natur uns verwundernd machen, aber nicht leicht wissend machen wollen.

Die Haselstauden sind überall bekannt, und in Gärten, in Feldern und Wäldern zu finden, und werden theils wegen deren wilden, theils wohlschmeckenden rothen und weißen Haselnüssen mit Lust zum lieblichen Geschmack abgepflückt.

Zur fruchtbaren Natur ziehe ich auch billig jene, wegen ihrer sonderbaren Größe hochbeträchtliche[270] Haselnußstaude, welche noch vor wenigen Jahren zu Frankfurt am Main in dem Garten des Jakob du Fays anzutreffen gewesen. Er hat eine solche Höhe und Breite, daß er die größte und stärkste Eiche damit überwindet und allen denen, welche diesen edlen Garten besuchen, ein rechtes Wunder der Natur vorstellt. Seine volle Höhe steigt bis auf 87 Werkschuh, die Dicke gleicht 4 männlichen Leibern, der Stamm bis zum Beginn der Aeste steigt vor sich 36 Werkschuh, die übrige Höhe aber vom Anfang der Aeste bis vollends hinauf an die höchste Spitze erreicht 51 Werkschuhe.

Quelle:
Glorez, Andreas: Des Mährischen Albertus Magnus, Andreas Glorez, Klostergeistlicher und Naturkundiger. Regensburg und Stadtamhof: 1700 [Nachdruck Freiburg am Breisgau 1979], S. 257-271.
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