Achtes Kapitel.

Wo in einem Land Krankheiten sich finden, da trifft man auch daselbst dagegen wiederum ein von Gott mitgetheiltes Mittel an.

[158] Wo die Natur ein Gift geordnet, da hat sie auch gemeiniglich ein Gegengift gepflanzt, also vorsichtig ist die Natur, uns zu helfen. Die Einwohner eines jeden Landes haben fast eine besondere angeborne Krankheit; allein der grundgütige Gott hat daneben demselben Land auch eine gewisse Medicin durch die vorsichtige Natur, so dem Menschen zu helfen geneigt ist, dagegen gegeben und verordnet. In Afrika gibt es viele Schlangen, dagegen kommen auch viele herrliche Gewürze, als Mittel wider das Gift, hervor. Die von den Molukken heilen den Schlangenbiß mit einem Holz, welches in selbiger Insel wächst. In Argo finden sich viele Scorpionen, darum auch Heuschrecken, die wider die Scorpionen dienen, alldort gefunden werden. Bei den occidentalischen Indianern ist die französische Seuche sehr allgemein, darum auch das Franzosenholz alldort wächset, und von da zu uns gebracht wird. Die spanischen Mücken zernagen durch ihr Gift, da hergegen ihr Haupt, Flügel und Füße solchem widerstehen. Die, welche von den ita lienischen Eidechsen gebissen worden, kann man durch eben selbige Thierlein,[158] wenn man ihnen von selben zu trinken gibt, wieder heilen. Der Crocodillen Fett heilet ingleichem besagten Thiers vergiftete Wunden. Wenn man Scorpionen und Meerdrachen auf derer Wunden thut, so hilft es auch. Napellus ist ein tödtliches Gift, und wo es wächset, da findet sich auch Giftheil, dessen Wurzel wider besagtes Gift dienet.

Wie der südliche Theil Amerika oder der neuen Welt, insonderheit Brasilien, besondere Eigenschaften sowohl an Gewächsen, Bäumen, als Menschen habe, wie auch, was dieses und jenes Land vor Krankheiten hege? daß man zu Schaffhausen in der Schweiz von dem Podagra, Stein und heftigen Convulsionibus nichts wisse, ist zu lesen in Happelns Nachrichten, woselbst er sagt: Ich selber kenne ein Städtlein in Oberhessen, genannt Rauschenberg, allwo niemals erhöret, daß jemand, so daselbst gewohnet, vom Stein sollte beschwert gewesen seyn, ja, was noch mehr ist, so einer etwa damit beladen und hält sich nur etliche Wochen zu gedachtem Rauschenberg auf, so wird ihm der Stein zerbrechen und abgehen.

Gleichwie aber jenes dem gesunden rothen Schweizerwein, also muß dieses billig dem Rauschenberger gesunden Bier zugeschrieben werden; dasselbe wird gebrauet aus einem Brunnen, der etliche tausend Schritt von einem Berge her durch bleierne Röhren in die Stadt geführt wird, ist auch allerdings gewiß, daß selbiges Brunnenwasser[159] ein Bauchblässiges Pferd in wenigen Tagen kurire.

Von den Niederlanden und dem ganzen Strich an der Seekanten sagt man, daß alle vier Elemente darin nichts taugen, denn die Erde ist lauter Moor oder Modergrund, und die Früchte, so darauf wachsen, sind ungeschmack, wässericht und feucht; das Wasser ist entweder salzig oder stinkend; die Luft voll Nebel und Mist; das Feuer von Torf stinket nach Schwefel und Arsenik. Daher ist an den Seekanten der Scharbock (Scorbutus) insonderheit sehr gemein; hingegen wächst an den Seekanten ein Kraut, so der Quendel genannt wird, ist ein bewährtes Mittel wider den Scharbock: ist aber ganz anderer Art, als der in Oberdeutschland wächset und um Schwalbach in der Niedergrafschaft Katzenelnbogen in großer Menge gefunden wird, welches die Schafe gerne fressen, davon das Fleisch einen guten Geschmack bekommt, damit sich die Sauerbrunnengäste sehr erquicken.[160]

Quelle:
Glorez, Andreas: Des Mährischen Albertus Magnus, Andreas Glorez, Klostergeistlicher und Naturkundiger. Regensburg und Stadtamhof: 1700 [Nachdruck Freiburg am Breisgau 1979], S. 158-161.
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