An Herrn B., als er sich vermählen wollte

[300] Glücklich, wer von Hymens Bande

Nicht zu süße Hoffnung hegt,

Und mit prüfendem Verstande,

Unbefangen auf die Wage,

So Verdruß als Freude, legt.

Glücklich, die von ihrem Gatten

Ewges Lächeln nicht verlangt,

Und mitleidend wird verstatten,

Daß bei drückenden Geschäften

Dann und wann das Herz ihm bangt.[301]

Wenn bei beiden Herzensgüte

Sanft mit Duldung sich durchflicht,

Kann zwar ihres Frühlings Blüthe

Wohl ein kleiner Reif befallen,

Doch erfrieren kann sie nicht.

Quelle:
Leopold Friedrich Günther von Goeckingk: Gedichte. Teil 1–4, Teil 4, Frankfurt a.M. 1821, S. 300-302.
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